Farbe bekennen: MURAL GLOBAL

Die Farben aus Cuba und Bochum mischen sich im neuen Westpark

MURAL GLOBAL
ist ein weltweites Kunstprojekt zum Thema Agenda 21. Es hat einen internationalen, öffentlichen und gleichberechtigten Dialog sowie künstlerischen Austausch zum Ziel. Es kann den gemeinsamen Willen vieler Menschen zum Ausdruck bringen, für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und Entwicklungschancen in Nord und Süd Farbe zu bekennen.

Eine gute Idee auch für Bochum, denn hier gibt es inzwischen einen lokalen Agendaprozess, doch die Nord-Süd Dimension geriet dabei immer wieder ins Hintertreffen. Deshalb regte Dagmar Wolf, verantwortlich im Bahnhof Langendreer für die Nord-Süd Arbeit, bereits Anfang 1999 die Beteiligung an dem von
"farbfieber" e.V. entwickelten Projekt an. Kultur- und Agendabüro der Stadt schlugen in Kooperation mit dem Planungsamt und der Landes Entwicklungs Gesellschaft die Ostwand des Torhauses 5 an der Alleestraße nahe des Eingangs des neuen Westparks vor. Auf dem Gelände des ehemals großen und wichtigen Stahlstandortes wächst heute ein Park auf drei Etagen, der den Menschen im Ruhrgebiet als Naherholungsziel und Ort kultureller Betätigung und Begegnung dienen soll. Ein idealer Ort also für ein Wandbild, das sich mit Zukunftsvisionen aus Nord und Süd auseinandersetzen will.

Mit der Hilfe von farbfieber e.V. wurde der
cubanische Maler Abel Morejon Gala aus Pinar del Rio, im Westen Cubas, vorgeschlagen. Mit der in Bochum aktiven, gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation "Humanitäre Cuba Hilfe" soll, so der Wunsch der Bochumer Aktiven, der Bogen zwischen globalem Kunstprojekt und lokal ansässiger Nord-Süd Arbeit geschlagen werden.

Die
Humanitäre Cuba Hilfe (HCH) engagiert sich vorwiegend im Bereich der Gesundheitsversorgung; sie kann auf beachtliche Erfolge verweisen, nicht nur notwendige Medikamente organisiert sie nach Cuba, sondern bereits ganze OPs, Krankenhausküchen, hochwertiges Gerät bis hin zu mehreren kompletten Dialysestationen. Ihr Hauptbezugsgebiet ist die Provinz Holguin, tief im Südosten Cubas, wo derzeit eine Vertreterin der HCH lebt und arbeitet. Hier gibt es auch vielfältige Beziehungen zu sozialen Einrichtungen und die Kommunikation zwischen Holguin und Bochum klappt vorzüglich. Die Mitglieder der HCH waren schnell von der Idee des Wandbildes überzeugt, doch sie wollten gern auch einen Künstler aus ihrer "Schwesterstadt" einladen. Als sie Miguel Angel Salvó Reyes kennenlernten, wurden Fragen von bürokratischen Hürden und finanziellen Schwierigkeiten hintan gestellt und auch er, ein Maler aus Holguin eingeladen.

Mit dem örtlichen
Künstler Paul Mangen, gebürtiger Luxemburger, der nach "künstlerischen Wanderjahren" in Nord-, Mittel- und Südamerika im Ruhrgebiet lebt und arbeitet, bekommt die bevorstehende Nord-Süd Begegnung auch noch eine europäische Variation.

Während die örtliche Kooperation von Projektgemeinschaft Innenstadt West, Agendabüro und Eine-Welt Promotorin sich noch um organisatorische Fragen kümmerte, wurden von
Klaus Klinger, der auch in Bochum malen wird, bereits Informationen über den Westpark und erste Ideen seines Bochumer Kollegen Paul Mangen nach Cuba gebracht. Ein wenig internationalen Austausch mit Hilfe von Faxen gab es schon, doch die "richtige Arbeit" wird im Mai beginnen, wenn die Gäste aus Cuba in Bochum ankommen und die Stadt, den Park und die Wand vor Ort kennenlernen können.

Die Wand ist mit fast 450 m2 eine Herausforderung für alle Beteiligten. Der eigentliche Reiz jedoch liegt in der Einbindung in das Westparkprojekt, wo die mehr als 100 jährige Geschichte des Ruhrgebiets als Kohle- und Stahlregion noch spürbar ist, die Veränderungen der Industriegesellschaft aber deutlich wie kaum anderswo zutage treten.

Häufig wird bei dem Begriffspaar "Nord / Süd" gleich das Begriffspaar "Industrialisierung / unberührte Natur" assoziiert. Eine Gleichung, die so nicht stimmt, wenn der Kampf vieler Menschen in den südlichen Kontinenten um den Erhalt der letzten großen Wälder und Wasserflächen berücksichtigt wird. Cuba ist ein Land der "Dritten Welt", eine Insel in der Karibik mit immer noch großen, beeindruckenden Naturressourcen. Es ist aber ebenso ein Land mit moderner Entwicklung in technischer und kultureller Hinsicht, mit einem - nicht nur für den Süden - hohen Standard von sozialer Infrastruktur. Wir dürfen gespannt sein, was den Künstlern zur Agenda 21, zur Zukunft dieser Einen Welt einfallen wird, wenn sie hier im Norden inmitten einer Industriebrache arbeiten, wo sich die Natur grad wieder etwas Raum zurückerobert.

Beteiligte Künstler

Cuba:
Abel Morejón Gala, Pinar del Rio / Miguel Angel Salvó Reyes, Holguin

BRD:Klaus Klinger, Düsseldorf / Paul Mangen, Bochum

Projektlaufzeit: Mai bis Juni/Juli 2000
Die cubanischen Künstler werden - wenn alles so klappt, wie vorgesehen - am 6. Mai in Bochum ankommen. Ihr Atelier werden sie im "Torhaus 5" aufschlagen, einem ehemaligen Laborgebäude des Stahlwerks und heute u.a. Sitz der LEG. Bei gutem Wetter kann auch der Hof genutzt werden, die HCH will über ihre Arbeit informieren und so wird das international besetzte Atelier bestimmt schon vor der Arbeit an der Wand ein lohnendes Ziel für Interessierte.

Trägerkooperation
Bahnhof Langendreer - Nord-Süd Büro,
Landesentwicklungsgesellschaft NRW GmbH,
Stadt Bochum

Kontakt und Infos
Agenda-Büro Bochum:
Dr. Jürgen Löwer,
Tel. 0234 / 910-2049
Bahnhof Langendreer - Nord-Süd Büro:
Dagmar Wolf,
Tel. 0234 / 26612

...und was hat das Wandbild mit der Agenda 21 zu tun?
Zunächst ist der Arbeitsauftrag an die Künstler, ein Bild zur Agenda 21 zu gestalten. An der Erstellung der Agenda 21, auf der UNCTAD Konferenz 1992 in Rio de Janeiro, waren Regierungen und Nichtregierungsorganisationen aus Nord und Süd beteiligt. Es wurde deutlich: was Entwicklung bedeutet, muß neu bestimmt werden! Es kann nicht länger der industrialisierte Norden auf Kosten des Südens leben, der die meisten Rohstoffe und Ressourcen liefert, aber am wenigsten davon verbraucht. Entwicklung muß gleichermaßen unter sozialen, ökologischen wie wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden und für alle Menschen dieser Erde gelten. "Global denken - lokal handeln" - das ist die neue Devise. Doch wie geht das?

"Mural Global" kann ein Baustein zur besseren Verständigung der Menschen weltweit sein. Der Menschen, die eigentlich überall die selben Probleme haben: wohnen, essen, arbeiten, den Kindern eine gute Zukunft bieten und dabei gesund bleiben. Meist haben sie auch ähnliche Wünsche: Sicherheit und Frieden, Freundschaft und Liebe, Inspiration durch Kultur und Freude an der Natur...

Die gemeinsame Arbeit an der Wand soll ein Prozess des Austausches, der Begegnung zwischen den Künstlern aus Nord und Süd und anderen Beteiligten am Bild werden, auch alle anderen Bochumerinnen und Bochumer können diese Gelegenheit nutzen, Menschen aus einem "anderen Ende der Welt" kennenzulernen und damit ihre Ideen, Wünsche, Hoffnungen... Mit den heutigen technischen Möglichkeiten scheint die Welt kleiner geworden, doch für wirkliche Begegnung "von Mensch zu Mensch" reicht das Internet (und meist auch der Tourismus) nicht aus.

Was rund um`s Wandbild passiertWenn die Künstler aus Cuba in Bochum ankommen, müssen sie zunächst sich und ihre Kollegen vor Ort kennenlernen. Auch natürlich ihre neue Umgebung: den Park, die Stadt und die Region mit ihrer Geschichte. Währenddessen können die BochumerInnen mehr über die Heimat der Gäste erfahren. Einige der Veranstaltungen im "Begleitprogramm" informieren über Cuba, andere sind weitere Beispiele von Kulturaustausch zwischen unseren Ländern. Die Termine im Mai stehen schon fest, für Juni ist u.a. ein Filmprogramm mit cubanischen und Filmen aus dem Ruhrgebiet vorgesehen. Was sonst noch "rund um’s Bild" passiert, hängt auch von den BewohnerInnen Bochums ab.



Die einzelnen Termine:

Do. 11. 5., 19.30

"Cuba Real - Die Perle der Karibik"
Faszinierende Aufnahmen über Land und Leute unserer Gäste
Diashow in der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie

Sa. 13. 5., 9.00 - 17.00
Rhein-Ruhr-Emscher Tour
Teilnahme der Künstler an der VHS-Rundfahrt durch die Region

So. 14. 5., 20.00
"Che" - Eine Theaterbegegnung
Regie: Eddy Socorro, Cuba / D.: Olaf Reitz, BRD
Solotheater im Bahnhof Langendreer

Do. 18. 5., 20.00
Mural Global - Ein Wandbild entsteht in Bochum
Die Maler aus Cuba und Deutschland stellen sich und ihre Arbeit vor

Ein Abend im Stadtteil "Griesebruch", in dessen Umfeld das Bild gemalt wird.

Mehr Hintergrundinfos:

Do, 11. 5., 19.30 in der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie

"Cuba Real - Die Perle der Karibik"
Eine Diashow mit über 500 Aufnahmen aus ganz Cuba von Tobias Hauser
Getreu dem Titel "Cuba real" mischte sich der junge Fotojournalist Tobias Hauser mehrere Monate unter’s cubanische Volk, um Land und Leute auf unmittelbare Weise kennenzulernen. Mit gekonntem Blick für Details zeigt er die mühsame Handarbeit beim Tabakanbau, den harten Einsatz im Zuckerrohr, das Leben der Campesinos in den berühmten Bergen ebenso wie stimmungsvolle, mit authentischer Musik untermalte Portraits, die die multikulturelle Mischung und die Lebensfreude des cubanischen Volkes wiederspiegeln. Ergänzt durch historische Bilddokumente spannt er einen Bogen vom Beginn der Revolution bis zur heutigen Lage des Landes. Tobias Hausers Bilder machen neugierig auf das Entdecken des Landes, auch abseits von touristischen Wegen und karibischen Stränden.

Allen BochumerInnen, die die Heimat unserer Gäste noch nicht kennen, sei diese Diashow empfohlen, vielleicht als Einstieg für weitere Beschäftigung mit der "Perle der Karibik". Bereits erfahrene Cubareisende können so wunderbar Erinnerungen auffrischen.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit "REISELADEN BOCHUM".



So. 14. 5., 20.00 im Bahnhof Langendreer

"Che" - Eine Theaterbegegnung
Regie: Eddy Socorro, Cuba / D.: Olaf Reitz, BRD

Auch das Solotheaterstück "Ché" ist ein Ergebnis deutsch-cubanischen Kulturaustauschs. Eddy Socorro, Regisseur in Havanna, Berlin, Dresden, Zwickau, Erfurt und Zürich hat die Grundlagen des Stücks erarbeitet und gemeinsam mit Olaf Reitz, seit 1992 Sprecher und Schauspieler der freien Theaterszene, weiterentwickelt. Entstanden ein lebendiges Stück über eine historische Figur mit immer noch aktueller Ausstrahlung und eine "Theaterbegegnung" in vielerlei Hinsicht: Zwei Künstler begegnen sich und ihren Ideen zum Ché, ihrer Geschichte, ihren gemeinsamen und unterschiedlichen Vorstellungen von Theater...

Premiere: 6. Mai 2000 in Wuppertal

Am 14. Mai wird der Regisseur in Bochum anwesend sein. Nach der Vorstellung gibt es die Möglichkeit zu einem Gespräch mit den Künstlern.

Zum Stück:

CHÉ - DER MYTHOS

Buena Vista Social Club, "Afro Cuban Allstars" in der Musik, im Kino "Erdbeer und Schokolade", oder man erfreut sich am "Kleinen Tropicana", genießt "Das Leben, ein Pfeifen." All-inclusive "zwei Wochen Varadero", als Ferienpaket nun noch günstiger, und selbst Fidel Castro wird hoffähig, nachdem der Chef der bundesdeutschen Industrie, Olaf Henkel, ihm einen Besuch abstattete und die Zahlungsmoral der karibischen Insel lobte.

Die kubanische Revolution, Ursprung und Motiv des jüngst zu erlebenden Booms, ist dafür buntes Hintergrundszenario. Für die meisten Menschen hierzulande ist sie allenfalls ein historisches Datum.

Doch was bleibt, ist der Name einer der Figuren, die das Leben auf der Insel prägten: Ché Guevara.

Früher Inkarnation des "solidarischen, internationalistischen Kampfes gegen den Imperialismus", "Hoffnung aller Unterdrückten"..., Hintergrund für Parolen, die bei älteren Zeitgenossen einen seltsam schalen Geschmack hinterlassen, bei den Jüngeren allenfalls grobes Unverständnis. Geblieben ist auch sein Konterfei: auf Mützen, Schuhen, T-Shirts, Fahnen. Entrückt weist sein Blick in die Ferne. Symbol des ewig jungen Revolutionärs, Ikone, oder pittoreskes Zitat einer sinnentleerten Romantik im Zeitalter der Realpolitik und des Cyberspace?

Was läßt dieses Bild neben Bruce Willes, Leonardo di Caprio, Schwarzenegger oder Boygroups bestehen?
Ist Ché tot?
Was machte ihn zum Mythos? War er ein Irrer, ein neugeborener Christus, ein Popstar, ein Abenteurer....?
Auf der Suche nach Antworten nähert sich ein junger Mann diesem ihm Unbekannten. Zunehmende Neugier läßt ihn in Gedichten, Büchern, Dokumenten, Liedern und Briefen nach dem heutigen Bild suchen...
Zentrales Anliegen des Stücks ist, Ché in all seiner Widersprüchlichkeit erstehen zu lassen...

CHÉ HEUTE
Das Stück thematisiert Grundfragen, Motivationen politischen Handelns, behandelt die Frage nach Utopien, Sinn und dem Streben nach Veränderung. Es geht von der Person, dem Leben und Werk Ché Guevaras aus, nimmt ihn als Referenzpunkt, aber bleibt nicht bei ihm stehen.
Der Regisseur und der Schauspieler, die das Stück gemeinsam entwickelt haben, verfolgen diese Fragen poetischer Form, voller Ironie und Witz, liebevoll und stets gespickt mit einem Lachen...

Zu den Künstlern:
Eddy Socorro
, geboren in Mantanzas, Cuba, studierte nach seiner Lehrerausbildung am Theaterinstitut in Havanna. Während seines Studienaufenthalts von 1972 - 1976 in der DDR arbeitete er u.a. mit Horst Havemann am Theater der Freundschaft, Berlin, bei Prof. Karl Kaiser am Kellertheater, Leipzig und mit Dieter Schmidt am Theater der Jungen Welt. Nach seiner Rückkehr gründete er das Kinder- und Jugendtheater in Mantanzas; seit 1980 ist er in der künstlerischen Leitung des nationalen Kinder- und Jugendtheaters in Havanna. 1981 - 1996 Vizepräsident der ASSITEJ (Int. Org. des Kinder- u. Jugendtheaters); Mitglied des cubanischen Theaterverbandes.
Seit Anfang der 90er arbeitet er regelmäßig in Deutschland und der Schweiz, u.a.: "David und Diego" - nach einer Erzählung von S. Paz, die auch dem Film "Erdbeer und Schockolade" zugrunde liegt -, "Die roten Schuhe", "Heinrich der V." und "Santa Cecilia".

Olaf Reitz
lebt in Wuppertal. Neben umfangreicher Sprechertätigkeit arbeitet er als freier Schauspieler v.a. im Bereich des freien Theaters, aber auch beim Film. Ebenso Erfahrungen mit experimentiellem Theater und der Entwicklung neuer Theaterformen, zuletzt beim "crossovermedia-festival wuppertal".