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Materialien, Presseerklärungen von Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Kultur usw


Mittwoch 18.07.12, 22:00 Uhr

Eine verschwundene Meldung

Die auf bo-alternativ.de zitierte Meldung der Polizei wurde aus dem Presse-Portal der Polizei entfernt. Die Meldung sah folgendermaßen aus:


16.07.2012 | 10:20 |Polizei Bochum
POL-BO: Bochum/“Böhser Onkel was here“ – Hakenkreuzschmiererei am Kriegerdenkmal

Bochum (ots) – Am 13.7.2012 wurde durch einen Passanten eine Hakenkreuzschmiererei an einem Kriegerdenkmal in der Parkanlage an der Ahbachstraße in Bochum festgestellt. Der Mann informierte gegen 15 Uhr telefonisch die Polizei. Das Ehrenmal liegt an einem Fußweg, der neben dem Wohnhaus Ahbachstraße 28 beginnt und in das Grüngelände führt. Unbekannte Täter hatten mit roter Farbe auf der Bodenpflasterung vor dem Denkmal ein Hakenkreuz geschmiert. Auf dem Denkmal wurde mit gleicher Farbe der Schriftzug, „Böhser Onkel was here“, aufgebracht. Der Bochumer Staatsschutz (KI ST) hat die Ermittlungen aufgenommen und bittet unter der Rufnummer 0234/909-4505 (-4441 außerhalb der Geschäftszeit) um Täter- und Zeugenhinweise.


Die von der Polizei gelöschte Meldung ist noch (18. 7. 2012, 22.00 Uhr) zu finden unter: http://regionales.t-online.de/bochum-boehser-onkel-was-here-hakenkreuzschmiererei-am-kriegerdenkmal/id_57969994/index

 

 


Ratsbeschluss vom 09.03.2011
Dienstag 12.06.12, 21:38 Uhr
Entwicklung des ViktoriaQuartierBochum

Realisierung des „Musikzentrum Bochum“ 2

1. Der Rat beschließt die Realisierung des „Musikzentrums Bochum“, als Bestandteil und Schlüsselprojekt für die Entwicklung des kulturell-städtebaulichen Entwicklungsprojekts ViktoriaQuartierBochum, das einen Bochumer Beitrag zum regionalen Entwicklungskonzept „Kreativ.Quartiere RUHR“, zum „Konzept Ruhr“ bzw. zur Erfüllung des anstehenden regionalen „Masterplans Kulturmetropole Ruhr“ des Regionalverbandes Ruhr für die Städte des Verbandsgebietes darstellt.
Dieser Beschluss gilt unter folgenden auflösenden Bedingungen:
Zum einen, dass die Finanzierungsanteile aus EU-/Bundes-/Landesförderung über insgesamt 16.528.000 Euro und der Spenden-Mittel durch die „Stiftung Bochumer Symphonie“ (ggf. ergänzt durch Sponsorenmittel) i. H. v. mindestens 14.300.000 Euro rechtssicher zur Verfügung stehen und die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für den städtischen Finanzierungsanteil vorliegen und dass zum anderen ein Raumprogramm entwickelt, ein Wettbewerbsergebnis erzielt und eine Planung vorgelegt wird, die im vorgegebenen Kostenrahmen zu realisieren sind.

Die planungs- und baurechtlichen Voraussetzungen sind unmittelbar zu schaffen.

2. Für die erforderliche Planung und die anschließende Realisierung stellt die Stadt Bochum einen kommunalen Eigenanteil in Höhe von 2.400.000 Euro bereit. Die unter PSP Element 1.25.09.02.01 etatisierten und priorisierten investiven Mittel für die Verwirklichung des ehem. Projekts „Marienkirche“ der Haushaltsjahre 2011 und 2012 werden dem Projekt „Musikzentrum“ zugeordnet. Es ist sicher zu stellen, dass auch die Ingenieur- und Architektenleistungen förderfähig und im Finanzvolumen abgedeckt sind.

3. Die gebäudebezogenen Kosten des Musikzentrums in Höhe von 650.000 € jährlich sind innerhalb der für die Marienkirche konsumtiv veranschlagten Betriebskosten in Höhe von 500.000 € jährlich sowie Einsparungen bei den Betriebskosten der Bochumer Symphoniker in Höhe von 350.000 € jährlich sicherzustellen.

4. Das kulturelle Nutzungskonzept für das Musikzentrum auch als Spiel- und Probenstätte der Bochumer Symphoniker und als „Forum für musikalische Bildung“ der Bochumer Musikschule und weiterer kultureller Anbieter und Produzenten wird Grundlage des Betriebs. Das Zentrum dient der gemeinnützigen Förderung von Musik, kultureller Bildung und Wissenschaft.
Im Rahmen des Gesamtkonzeptes ist der künstlerische Betrieb des großen Saales durch die Bochumer Symphoniker sicher zu stellen.
Darüber hinaus bietet der multifunktionale Saal weiteren Raum für unterschiedliche kulturelle und Bildungsangebote. Im Übrigen soll geprüft werden, ob es möglich ist, dass auch kommerzielle Veranstaltungen zur Kostendeckung vorgesehen werden können.

5. Zur Realisierung dieses Projekts erwirbt die Stadt Bochum entsprechend dem Beschluss aus April 2009 durch den Haupt- und Finanzausschuss (Vorlage Nr. 20083225) die Liegenschaft „Marienkirche“ zu den bereits vereinbarten Konditionen.

6. Für den Bau des Musikzentrums führt die Stadt Bochum einen EU-weiten Realisierungswettbewerb mit begrenzter Teilnehmerzahl mit Ankündigung eines anschließenden VOF-Verhandlungsverfahrens zur Vergabe des Planungsauftrages durch.

7. Mit diesem Beschluss hebt der Rat die bisher gefassten Beschlüsse zur Realisierung eines Kammermusiksaals in der Marienkirche sowie zur Errichtung einer Spielstätte für die Bochumer Symphoniker auf.

8. Für die Realisierung des Musikzentrums ist ein Verfahren festzulegen, das sicherstellt, dass im gegebenen Kostenrahmen für diese Zwecke vollständig ausgestattete Gebäude entstehen.

9. Da das Musikzentrum auch in hohem Maße als eine Einrichtung der kulturellen Bildung fungiert, legt die Kulturverwaltung im Verlauf des Jahres 2011 einen Bericht über die Aktivitäten zur kulturellen Bildung in Bochum sowie ein „Handlungskonzept kulturelle Bildung“ als Strategierahmen mit Darstellung der Zukunftsperspektiven und Handlungsoptionen für diesen Bereich zur Beschlussfassung vor.

10. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob es möglich ist, einen Betreiber für das „Musikzentrum Bochum“ zu suchen, der wie z.B. die Bochumer Veranstaltungs- GmbH, über genügend Erfahrung im Veranstaltungsbereich verfügt, um das Bochumer Musikzentrum bestmöglich zu vermarkten und so den Zuschussbedarf zu den Betriebskosten zu minimieren.


Montag 09.04.12, 14:41 Uhr
Ostermarsch in Bochum Werne am 9. 3. 2012:

Rede von Wolfgang Dominik, VVN-BdA

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Entweder schaffen wir die Rüstung oder die Rüstung schafft uns ab!
Mir sind für meine Rede 5-7 Minuten gegeben worden. Das sind 300 bis 420 Sekunden. In jeder Sekunde, die ihr mir zuhört, werden allein von dem Land, dessen Präsident Friedensnobelpreisträger ist, 250.000 Dollar für Rüstung ausgegeben. Wenn ich hier fertig bin, werden ca. 10 Millionen Dollar für die Kriege und Kriegsvorbereitungen der NATO, also für die Vernichtung von Mensch und Natur, ausgegeben worden sein.
Ich möchte  eine Rede meines großen Lehrers Helmut Gollwitzer aktualisieren..
(Für die Jüngeren unter euch: H.G. ist 1993 gestorben, er war evangelischer Theologieprofessor und einer von denen, die gegen die Remilitarisierung der BRD und gegen die Notstandsgesetze kämpfte, er war ein radikaler Antimilitarist und selbstverständlich Antifaschist.)
Im Jahre 2020 oder vielleicht auch 2030 oder erst 2040  werden vernunftbegabte Lebewesen aus irgendeinem fernen Sonnensystem auf unserer Erde landen. Und diese Erde wird wüst und öde (hebr.: Tohu wa bohu, so in 1. Mose 1, 2a) sein.
Archäolog_innen der Gelandeten werden aber bald viele Spuren finden, die auf die ehemaligen Bewohner des zerstörten Planeten Erde verweisen. Und sie werden feststellen, dass ein Teil dieser Bewohner Lebewesen waren, die sich Menschen nannten. Die Menschen hätten alle Möglichkeiten gehabt, auf diesem ehemals fruchtbaren Planeten ein gutes Leben zu führen. Die Besucher_innen aus dem Weltall werden fragen, warum  die Menschen sich kollektiv ausgerottet haben und alle Lebensmöglichkeiten auch anderer Lebewesen offensichtlich völlig bewusst zerstört haben.
In verschütteten Zeitungsarchiven, Uni- und Stadtbibliotheken, in zahlreichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, vielleicht auf euren Computern,  werden die neugierigen Fremden noch unzerstörte Dokumente finden, die beweisen, dass allein im Jahre 2012, als die Erde noch von den sog. Menschen bewohnt war, 1,5 Billionen Dollar,  für Vernichtungsinstrumente ausgegeben worden sind. Das ist eine Zahl mit 12 Nullen:1.5 000.000.000.000. Allein ein Land, das USA hieß, hat zusammen mit einem Kontinent, der Europa hieß und zu dem ein Land mit Namen Deutschland gehörte,  75%  davon zur Vernichtung von Menschenleben ausgegeben, also grob gerechnet 1,1 Billionen Dollar. Die nannten sich westliche Wertegemeinschaft oder Freie Welt oder einfach internationale Gemeinschaft und Hüter der Demokratie und Freiheit.  Hingen die Kriege und Kriegskosten  eigentlich mit der wachsenden Armut in allen Ländern zusammen? Hunger, Unbildung, Hass sogar auf die Nachbarn wuchs mit jedem Euro oder Dollar, der für Kriege ausgeben wurde. Manche der Nachbarn im eigenen Land wurden von Neofaschisten – unter dubioser Beteiligung von Inlandgeheimdiensten – umgebracht. ..

Und jede(r)  wusste das!
Experten der Lebewesen aus dem Weltall  rechneten aus, dass 2012 ca. 20.000 einsatzbereite Atombomben bei den Atommächten lagerten.
Dazu kamen unübersichtlich große Mengen an biologischen und chemischen und sog. konventionellen Waffen.
Damit konnte jeder der ehemaligen Erdenbewohner 5000 Mal getötet werden. Aber das war nicht genug, „man“ rüstete“ kräftig weiter!
Und in einer großen Tageszeitung, damals WAZ genannt, konnte „man“ am 3. 4. 2012 lesen, dass die USA „gute Chancen sehen, Atomangriffe zu überleben“. Würde es doch bei einem Angriff auf ihre Hauptstadt nur 45.000 Tote und 300.000 Verletzte geben!
Die Forscher-innen aus dem Weltall konnten sich nicht erklären, dass ein Land namens Bundesrepublik Deutschland ohne jemals danach gefragt worden zu sein von einem anderen Land namens USA eine Kommandozentrale für Atombombenerstschläge, genannt Raketenabwehrschirm, mitten ins Land gesetzt bekam. Damit machte die damals sog. Bundesregierung das eigene Land im Kriegsfall zum Angriffsziel Nr. 1.
Die Menschen in dem Land wussten das alles, verfügten sie doch  damals mit dem Internet  über durchaus  moderne Mittel, um alles erfahren zu können. Allein in den Reden, die jedes Jahr zu Ostern in Bochum-Werne vor dem Brühmann-Haus gehalten wurden, waren doch unheimlich viele Informationen enthalten. Und im weltweiten Netz konnte man unter dem Link Friedensplenum bei www.bo-alternativ.de nicht nur diese Reden, sondern auch ganz viele andere erschreckende Tatsachen über Kriege und Kriegsplanungen nachlesen. Auch auf den Seiten www.vvn-bda-bochum.de kann „man“ vieles nachlesen. Aber es stand auch alles einfach in den Zeitungen oder wurde im Fernsehen mitgeteilt. Oder in den kostenlosen Weißbüchern der Bundesregierung zur damals sog. Verteidigungspolitik.
Waren diese sog. Menschen alle von einem Selbsttötungswahn besessen?, fragten die Forscher_innen aus dem Weltall.
Ja, war ihre Antwort, denn in sog. freien Wahlen wählten die damaligen Menschen seltsamerweise in allen Ländern die Parteien, die noch mehr Kriege versprachen, die damit auch noch mehr Armut versprachen. Und oft genug predigten sie den Hass auf die Nachbarn, nebenan oder nebenan in anderen Ländern.
Genau diese Lebewesen damals in den USA und Europa glaubten meist an eine Religion, die sich Christentum nannte und dessen Gründer, ein gewisser Jesus von Nazareth war. Der predigte  Nächstenliebe und den Frieden als höchstes Gut  und dass keiner den anderen töten oder mit dem Tode bedrohen sollte. Was hätte dieser Jesus eigentlich zu seinen später lebenden Gläubigen gesagt, wenn er die  gerade genannten Fakten gehört hätte?
Damals hungerten auf der Erde  mindestens 2 Milliarden Menschen, 1 Milliarde hatte überhaupt keinen Zugang zu einem Lebensmittel genannt „sauberes Wasser“. Überall auf der Erde herrschte Armut, aber ganz wenige  besaßen fast alle Reichtümer. Und alle anderen Menschen wussten das! Und so genannte christliche Politiker, die z.T. sogar in Parteien organisiert waren, die sich christlich nannten, predigten jeden Tag im Fernsehen: Menschenrechte, Menschenrechte, Menschenrechte und sorgten gleichzeitig dafür, dass jede Sekunde 2 Kinder verhungerten und 10.000 Menschen allein in kurzer Zeit auf Kommando der christlichen Politiker_innen im Mittelmeer verhungerten oder ertrinken mussten, nur weil sie ihre von den  Staaten des westlichen Wertesystems verwüsteten Länder verlassen wollten.
Forscher-innen aus dem Weltall fragen: Allen Menschen wurden alle Kriegskosten und Kriegsfolgen dauernd im Fernsehen, im Internet, in den Zeitungen mitgeteilt, nichts war geheim!. Dass  andauernd damals auf der Erde, auch wenn kein Krieg war, durch die sog. freie Marktwirtschaft viele Millionen Menschen zum Hungertod verurteilt wurden, störte offensichtlich auch  niemanden „in der westlichen Wertegemeinschaft“ ernstlich. Und die Forscher-innen aus dem Weltall fragten sich: Was waren eigentlich die Werte der Wertegemeinschaft? Krieg? Rüstung? Andere Menschen  im Kriege vernichten? Und eine ausschließlich auf die Profite ganz weniger angelegte Wirtschaft?
Auf alle diese Fragen fanden die klugen Lebewesen aus dem Weltall nur widersprüchliche oder gar keine Antworten.
Ihr könnt jetzt auf dem Ostermarsch nach Dortmund versuchen, die Antworten euch gegenseitig zu geben und diese Rede ergänzen, der Gollwitzer die Überschrift gegeben hat:
Entweder schaffen wir die Rüstung ab oder die Rüstung schafft uns ab.
Ich danke euch!


Montag 09.04.12, 14:36 Uhr
Ostermarsch in Bochum Werne am 9. 3. 2012:

Rede von Elke Koling, IPPNW

Wie schon bei vorangegangenen Ostermärschen  interessiert mich das Thema Computerspiele und ihre friedenspolitische Bedeutung weiterhin.  Während ich mich sonst eher damit beschäftigt habe,  was Computerspiele mit und in den Köpfen der Menschen machen, dass bringt mein Beruf als Neurolgin auch eher mitsich, möchte ich heute mehr darauf eingehen, wie  virtuelle Spiele ganz konkret zur Kriegsvorbereitung genutzt werden und wie Armee und Spieleproduzenten, ja selbst die Rüstungsindustrie voneinander profitieren. Ich wurde durch das neueste Dossier  der  Zeitschrift Wissenschaft und Frieden dazu angeregt,  besonders der Artikel von  Michael Schulze von Glaßler hat mir so gut gefallen, dass ich ihn schwerpunktmäßig  für meine Rede  nutzen möchte.
Da ich Mutter von 5 Kindern bin, bekomme ich drastischer die Auswirkungen und die Normalität von Computerspielen mehr mit, als viele von Euch. Nach ganz normalen Silvesterfeiern mit wirklich netten Freunden und deren Kindern, stellen wir plötzlich fest, dass diese Kinder den ganzen Abend Battlefield, darauf gehe ich gleich noch ein, gespielt haben, wahrscheinlich wegen des brauchbaren Arbeitsspeichers unseres Laptops.  Wirklich korrekte Freunde unserer Söhne statten ihr Schüler-VZ Profil mit Call of duty Logos aus.
Dazu muss man sich klar machen: In Deutschland wurde 2010 1,86 Milliarden Euro für virtuelle Spiele ausgegeben, das sind 3% mehr als im Vorjahr.  Etwa 22 Millionen Deutsche spielen diese Spiele. Das neu entwickelte Spiel Batterfield 3, ein so genanntes Ego-Shooter-Spiel, auf das ich gleich noch einmal zu sprechen komme,  wurde von seinem Erscheinen am 28.10.2011 bis zum 11. November in der Bundesrepublik 500.000 Mal verkauft.
Was ist aber das Problem an solchen Spielen. Vielfach wurde in den Medien zu Recht, die in den meisten Spielen dargestellte Gewalt angeprangert, insbesondere war dies immer wieder  Thema im Zusammenhang mit Amokläufen. Was bisher wenig diskutiert wurde ist die politische Aussage und der politische Zusammenhang, in dem solche Spiele stehen Das  ist aber mindestens ebenso besorgniserregend.  Dazu werde ich im folgenden ein paar Beispiele nennen.

1. Westliche Spiele mit westlichen Feindbildern
Michael Schulze von Glaßer bezeichnet  die Hersteller der Spiele als westliche Hersteller , alternativ könnte man zu westlich auch Spiele produziert in Europa und den USA sagen.
Video- und Computerspiele werden überwiegend von westlichen Firmen und fast ausschließlich für den westlichen Markt entwickelt und erzählen ihre  Geschichten fast nur aus dieser Sicht.
Ein Beispiel  dazu ist das Spiel Batterfield 3, was ich bereits oben erwähnte. Hier wird der Spieler in einen US-Soldaten im Jahre 2014 versetzt, der im Irak gegen dort einmarschierte paramilitärische  iranische Truppen kämpft. Im Verlauf des Spieles stürmen dann US-Soldaten u.a. Teheran.  In der Wüste vernichten, US-Panzer iranische Truppenverbände usw. Das  Spiel  erschien  im Herbst letzten Jahres.  Politische Zusammenhänge zur Weltpolitik ergeben sich leicht.

2. Propaganda und Nutzung zukünftiger Waffensysteme
Bei den Computerspielen benutzen die Entwickler reales Militärgerät, wobei auch deutsche Waffen, einschließlich entsprechender Firmenlogos, z. B. von Rheinmetall immer wieder im Einsatz sind. Bekommt der Bürger sonst große Kampfgeräte wie Kampfflugzeuge, Panzer etc. kaum zu sehen, darf er in den Spielen direkt ins Cockpit einsteigen.  Die Begeisterung oder zumindest fehlende Kritik an High-Tech Waffen lässt sich leicht ableiten. Im Luftkampf-Spiel  „H.A.W.X:2“ zum Beispiel  ist  auch der Eurofighter der in der Nähe von München bei der Eurofighter Jagdflug GmbH produziert wird im Einsatz.

3. Software für Soldaten
„Gute Videospiele“ liefern als Nebeneffekt auch ideale Übungssoftware für Soldaten.
Die inzwischen in Frankfurt angesiedelte Crytek GmbH hat bereits 1999 sogenannte EgoShooter Spiele entwickelt. Besonders gelobt (einschließl. entsprechender  Auszeichnungen)  wurden sie für ihre virtuelle akustische, physikalische und optische Darstellung. Diese Software wird inzwischen u.a. von den US-Militärkonzernen Lockeed Martin und Intelligent Decision genutzt. Die Schlachtfelder im Trainingssimulator werden mithilfe der oben genannten Firma entworfen. Das Projekt kostet etwa 57 Millionen US Dollar.
Es gibt weitere zahlreiche ähnliche Beispiele.

4. Die Bundeswehr in virtuellen Spielen.
Seit die Bundeswehr zunehmend an Kampfhandlungen und Auslandseinsätzen beteiligt ist, kommt sie auch zunehmend in virtuellen Spielen zum Einsatz.
Im Jahre 2011 erschien das Spiel „ Ace Cobant: Assault Horizon“ . In diesem Spiel kann der Spieler mit Eurofighter Kampfjets samt Bundeswehr-Logo auf die Jagd  nach Feindlichen Flugzeugen gehen.
Im Strategiespiel „Wargame-European-Escalation“, was 2012 erscheinen soll, wird der Spieler mit Leopard-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern der Bundeswehr in einen Krieg geschickt.
Müssen wir als Friedensbewegung in diesem Zusammenhang nicht ganz neu und vehement fordern „Kein Kriegsspielzeug in Kinderhände“ und müssen wir vielleicht sogar fordern „kein Kriegsspielzeug in Erwachsenenhände“, damit der Gedanke von Frieden und Versöhnung als Normalität weiter tragfähig bleibt?

Frohe Ostern!


Montag 09.04.12, 14:32 Uhr
Ostermarsch in Bochum Werne am 9. 3. 2012:

Rede von Felix Oekentorp, DFG-VK NRW

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

es ist schön, dass sich auch heute wieder dem Wetter zum Trotz so viele hier versammelt haben. Nicht nur hier und heute wird an Ostern für den Frieden demonstriert, an vielen Orten in Deutschland wird zu Ostern für den Frieden marschiert. Auf zwei Ostermärsche möchte ich heute gern verweisen: Der Ostermarsch in Jülich steht unter dem Motto „Nie wieder Krieg – nie wieder Atomkraft!“. Die TeilnehmerInnen in Jülich treten ein:

– Für die Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit!

– Gegen zivile und militärische Nutzung der Atomkraft!

– Und sie fordern: Westcastoren absagen!

Ich denke, hinter diesen Forderungen stehen wir hier auch.

Und wer erinnert sich nicht an letztes Jahr, wo die Anti-AKW-Bewegung am Ostermontag zum 25. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl eine Demo in Gronau an der Urananreicherungsanlage vorbereitet hatte und ungewollte Mobilisierung durch die Katastrophe von Fukushima erhielt.

Dort, in Gronau ging es letztes Jahr um die Beendigung der Urananreicherung, den Stopp der Atomtransporte, um das Stilllegen der Atomanlagen und um das Vernichten der Atomwaffen wie es der Aufruf benannte. Wir haben selber an den beiden ersten Tagen des Ostermarsch Rhein Ruhr noch Bustickets für die Fahrt nach Gronau verkauft, um auch dort zum Gelingen beizutragen.

Es braucht weiterhin, auch nach dem Lippenbekenntnis der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Atomenergie nach wie vor den Druck der Straße. Mitte März, zum ersten Jahrestag der Katastrophe von Fukushima gab es eine mächtige Demo in Gronau, aber auch in anderen Bundesländern so in Brokdorf, Grundremmingen, Neckarwestheim – um nur einige zu nennen – wurde für den Ausstieg demonstriert.

Warum ist der Widerstand gegen die „zivile“ Nutzung der Kernenergie ein originäres Thema für Friedensbewegte? Sind die Friedensfrage und der Atomausstieg nicht völlig verschiedene Themen die unzulässigerweise miteinander verknüpft werden? NEIN, das ist nicht der Fall! Zivile und militärische Nutzung von Kernenergie sind zwei Seiten der selben Medaille.

Und so ist es auch das Anliegen der Demo in Jülich, darauf hinzuweisen, dass in Jülich neben dem Atomforschungsreaktor eine weitgehend unbekannte Firma ETC an Zentrifugentechnologie forscht und Zentrifugenteile fertigt. (http://www.enritec.com)

Zentrifugen, wir haben das spätestens bei den massiven Vorwürfen, ja Kriegsdrohungen gegen den Iran gelernt, dienen der Anreicherung von radioaktivem Uran auch zum Zweck der militärischen Nutzung. Je höher angereichert das Uran ist, desto waffenfähiger ist es. (Ab einem Anreicherungsgrad von 20% ist es grundsätzlich zwar möglich, damit Kernwaffen zu bestücken, aber eigentlich spricht man erst ab einem Anreicherungsgrad von 85 % von Kernwaffenfähigem Uran.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

mit der Entscheidung der Bundesregierung, des Bundesrats und des Bundestages vom Sommer letzten Jahres, aus der zivilen Nutzung der Kernenergie auszusteigen und die Laufzeitverlängerung rückgängig zu machen ist ein kleines Zeichen gesetzt, wenn auch nur in Deutschland. Wirklich entschieden ist bislang letztlich noch gar nichts. Dieser Ausstieg muss schnellstmöglich, also nicht mit einer Verzögerung von weiteren 10 Jahren und unumkehrbar erfolgen und so vorbildlich dass sich auch andere Staaten daran orientieren können und wollen.

Nicht nur aus der zivilen sondern auch aus der militärischen Nutzung wollen wir aussteigen. Hier in Deutschland werden noch immer Atomwaffen gelagert. In Büchel, RLP, ca 150 km von hier im Fliegerhorst befinden sich unter US-Aufsicht etwa 20 Atomwaffen mit einer Sprengkraft die einem vielfachen der Bombe von Hiroshima entspricht. Diese müssen abgezogen und vernichtet werden.

Heute findet deshalb auch ein Ostermarsch an diesem Fliegerhorst in Büchel statt. Dieser fordert von der Bundesregierung

– sich für die weltweite Ächtung aller Atomwaffen einzusetzen und einen verbindlichen Abrüstungsvertrag zu unterstützen,

– einer Modernisierung der in der Bundesrepublik gelagerten US-Atomwaffen nicht zuzustimmen,

– sondern den Bundestagsbeschluss zum Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland endlich umzusetzen.

Ich denke, auch diesen Forderungen schließen wir uns gerne an!


Offener Brief an die gewählten Parlamentarier*innen der Grünen Hochschulgruppe im 45. Studierendenparlament (SP) der Ruhr-Uni Bochum
Freitag 17.02.12, 11:40 Uhr
Bochum, den 17. Februar 2012

Liebe Freundinnen und Freunde, 4

wir schreiben euch als Studierende der Ruhr-Uni, und als Kandidat*innen der Grünen Hochschulgruppe bei den vergangenen Wahlen zum Studierendenparlament. Wir sind auf der Liste der GHG angetreten und haben sie im Wahlkampf unterstützt, um die bestehende AStA-Koalition aus Grüner Hochschulgruppe, Linker Liste (LiLi) und der Liste Schöner Wohnen in Bochum (SWIB) zu stärken, und um dazu beizutragen, dass sie ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann. Wir haben uns im Bewusstsein dessen für eine Kandidatur entschieden, dass die Mitgliederversammlung der Grünen Hochschulgruppe beschlossen hat, dass die Fortsetzung des bestehenden Bündnisses angestrebt wird. Als wir am Abend der Wahlauszählung erfahren haben, dass die Wähler*innen die Arbeit der Koalition mit deutlichen Gewinnen der AStA-tragenden Listen belohnt haben, haben wir mit euch gefeiert.
Mit sehr großer Verwunderung haben wir nun allerdings erfahren, dass die Grüne Hochschulgruppe bis heute, drei Wochen nach der Wahlauszählung, noch immer keine Koalitionsverhandlungen mit ihren bisherigen Bündnispartnerinnen aufgenommen hat – und zwar, weil es in den Reihen der Grünen Hochschulgruppe offenbar Mitglieder gibt, die darüber nachdenken, die bestehende Zusammenarbeit aufzukündigen. Über diese Entwicklung sind wir mehr als bestürzt.
Solltet ihr, die das betrifft, jetzt tatsächlich darüber nachdenken, das Weiterbestehen eines grün-linken AStAs mit euren Stimmen im Parlament zu verhindern, und stattdessen der Liste NAWI und Juso HSG in den AStA zu verhelfen, dann hättet ihr das vor der Wahl sagen müssen.
Dann wären wir nicht mit euch gemeinsam angetreten. Wir hätten euch nicht im Wahlkampf unterstützt, und wir hätten auch nicht unseren Mitstudierenden und unseren Freund*innen empfohlen, diese Liste zu wählen. Hättet ihr euer jetziges Verhalten angekündigt, wären wir nicht auf die Idee gekommen, Leuten zu empfehlen, unserer gemeinsamen Liste ihre Stimme zu geben, wenn sie verhindern wollen, dass Gruppen wie die NAWI Einfluss auf die Ausrichtung der Studierendenschaft gewinnen.
Wir haben uns auf die Aussagen im Vorfeld der Wahl und die Beschlussfassung der Grünen Hochschulgruppe verlassen. Solltet ihr nun trotz alledem das bestehende und in unseren Augen gut funktionierende AStA-Bündnis aufkündigen – und zwar sogar noch bevor ihr ernsthafte Koalitionsverhandlungen mit LiLi und SWIB geführt habt – dann wäre das nicht nur eine massive Täuschung der Wählerinnen und Wähler. Es wäre auch ein massiver Vertrauensbruch uns gegenüber. Es wäre ein politisch untragbares Verhalten, sich auch mit unserer Unterstützung in Ämter wählen zu lassen, und dann das Gegenteil von dem zu tun, wovon im Vorfeld aufgrund der Beschlüsse und Informationslage alle ausgehen mussten. Ihr würdet dem Ansehen der Grünen Hochschulgruppe, allen mit uns verbundenen Gruppen und Initiativen sowie der Glaubwürdigkeit von Hochschulpolitik an der Ruhr-Uni insgesamt nachhaltig schaden.
Deswegen fordern wir euch eindringlich auf: Nehmt endlich Koalitionsverhandlungen mit unseren bisherigen Bündnispartnerinnen LiLi und SWIB auf, und verhandelt im Sinne der Studierenden und unserer inhaltlichen Wahlkampfaussagen. Sorgt mit dafür, dass es weiterhin einen grünen, linken, emanzipatorischen und internationalistischen AStA gibt. Alles andere hättet ihr im Vorfeld ankündigen müssen. Die Täuschung unserer Wähler*innen, unserer Wahlkampfhelfer*innen und nicht zuletzt auch die Irreführung von uns als euren Mitkandidierenden ist keine Option. Ihr habt es in der Hand.

Chantal Stauder, bsz-Redaktion, Listenplatz 23
Nadine Hemgesberg, bsz-Redaktion, Listenplatz 35
Antje Westhues, AStA-Sozialberaterin, Wahlausschussmitglied
Hauke Hoth, Interessengemeinschaft behinderter Studierender, Listenplatz 22
Deniz Bulan, Autonomes Schwulenreferat, Listenplatz 28
Dennis Paliga, Autonomes Schwulenreferat, Listenplatz 14
Anne Reisenweber, studentische Gleichstellungsbeauftragte, Listenplatz 31
Rita Thiessen, ehm. studentische Gleichstellungsbeauftragte, Listenplatz 27
Judith Schwittek, Haushaltsausschussmitglied, Listenplatz 25
Sophia Heinrich, Listenplatz 13
Benedikt Wildenhain, Listenplatz 58
Linda Dembowski, Listenplatz 57
Alexander Fall, Listenplatz 88
Ingmar Wichert, Listenplatz 44
Thorben Pelzer, Listenplatz 54
Lasse Wichert, Listenplatz 68
Tobias Müller, Listenplatz 70
Hendryk Hollbeck, Listenplatz 78
Ursula Dreier, Listenplatz 69
Nico Berg, Listenplatz 42
Daniel Paeben, Listenplatz 60
Patrick Behr, Listenplatz 56
Andrea Schaumlöffel, Listenplatz 63


Stellungnahme des ver.di-Fachbereichs Handel zu Sonntagsöffnungen 2012
Dienstag 24.01.12, 08:00 Uhr

Bedenkliche Umgehensweise

Sehr geehrter Herr Wendt,
vor fast genau einem Jahr haben wir eher unaufgefordert in unserem Schreiben vom 04.03.2011 an Frau Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz unsere Position zu verkaufsoffenen Sonntagen dargestellt. Wir schrieben von der bedenklichen Umgehensweise mit dem LÖG NRW. Weder der Antrag noch der Ratsbeschluss wurden dem Schutz-und Einschränkungscharakter des Gesetzes gerecht. Möglichkeiten der Begrenzung wurden nach Umdeutung zur Ausweitung von Sonntagsöffnungen verwendet.
Auch in 2011 wiesen wir auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Handel hin. Diese waren und sind geprägt von Existenzangst und Angst die eigene Meinung zu sagen (es sei denn, sie stimmt überein mit den Arbeitgebern und deren Vertreter).
Die Existenzangst ist nach wie vor begründet. Die immer mehr abgeforderte Flexibilität bringt für viele, vor allem weibliche Beschäftigte, die Angst Leben und Beruf nicht mehr „unter einen Hut“ zu bringen. Die Leittragenden sind Kinder und Familien.
Existenzangst erzwingt auch Zustimmung. Zustimmung zu immer mehr prekären Arbeitsverhältnissen. Verzicht und Mehrbelastung für den vermeintlichen Erhalt des Arbeitsplatzes, Verzicht auf Arbeitsstunden (immer mehr Teilzeitbeschäftigung, immer mehr Minijobs), Verzicht auf tarifliche Bezahlung und die Anwendung anderer  tariflicher Standards. Nur eine Spitze des Eisberges ist bekannt, wenn wir von Armut bei Vollbeschäftigung reden. Es ist obsolet Dumpinglöhne bis zu 3,50€ zu hinterfragen. Es gibt sie nicht nur bei Tankstellen und Trinkhallen sondern auch kleine und mittlere Unternehmen bis zu großen Konzernen machen vor derartiger Ausbeutung nicht Halt (dies alles unter unseren Augen, „Kunde König“ interessiert dies schon gar nicht).
Existenzangst erzwingt auch immer mehr befristete Arbeitsverträge. Es ist keine Seltenheit, dass Menschen weit über 10 Jahre befristet beschäftigt werden. In vielen Fällen könnten Betroffene sich wehren. Die Existenzangst verhindert dies. Nicht nur Altersarmut ist eine zwangsläufige Folge.
Schon heute, bei Vollzeitbeschäftigung geraten Menschen so in die Nähe der Armutsgrenze.
Seit zwölf (12)  Jahren sind die Tarifverträge des Einzelhandels und des Großhandels nicht mehr allgemein verbindlich. In dieser Zeit öffnete sich die Schere zwischen noch tarifgebundenen und nicht gebundenen Beschäftigten bei den Löhnen um mehr als 17%. Urlaubs- und Weihnachtsgeld entfielen ganz oder wurden nur noch anteilig gezahlt. Rechnen wir noch die nicht mehr gezahlten Zuschläge für Nachtarbeit, Spätöffnungsarbeit, Mehrarbeit und Feiertags- und Sonntagsarbeit, vermögenswirksame Leistung und tarifliche (Zusatz)-Altersversorgung hinzu, liegen wir bei über 20% niedrigerem Verdienst.
Existenzangst ist auch die Ursache, wenn einerseits dringend erforderliche Betriebsräte gewählt werden müssten, die erforderlichen Menschen aber den Mut nicht aufbringen, initiativ zu werden. Zwar kann ein Arbeitgeber letztlich nicht wirklich was tun, aber schon die Angst vor Repressalien reicht aus, um auf demokratische Rechte zu verzichten. Es wird immer wieder auch davon berichtet, wie Vier-Augen-Gespräche verlaufen. Danach will niemand mehr was.
Arbeiten um zu leben, gut arbeiten um gut zu leben. So sollte es sein. Die Realität sieht sehr oft sehr anders aus. Sehr viele Menschen leben offensichtlich um zu arbeiten. Es bleibt keine Zeit mehr für Familie, Freunde, Vereine, für Kultur und Spaß und schon gar nicht für das so viel gepriesene Ehrenamt. Die Beschäftigten „funktionieren“ nur noch. Sie funktionieren, bis sie ausgesaugt sind. Und wenn dann die Kräfte nachlassen und früher oder später Krankheiten folgen, wird rausgemobbt, krankheitsbedingt gekündigt (auch mit anerkannter Schwerbehinderung) oder es werden Arbeitsverträge so geändert, dass die Menschen von allein gehen.
Natürlich gibt es auch Betriebe mit Betriebsrat, mit Tarifbindung oder vereinzelte Betriebe mit akzeptablen Arbeitsverträgen, aber auch hier ist zu spüren, wie dramatisch sich die Situation im Handel verändert hat. Existenzangst hinterlässt auch hier Spuren, auch in Vorzeigebetrieben. Viel Negatives hinnehmen, auf seine Rechte verzichten, nicht den Mund aufmachen, nicht auffallen). Dumpinglöhne stellen wir vereinzelt auch hier fest, Ausbeutung von Auszubildenden ist auch hier nicht immer fremd. Eher die Regel ist das Hineinzwingen in Arbeitszeiten (auch bis hin zu Verstößen gegen Schutzgesetze). Gemeinsam mit unseren Betriebsräten müssen wir immer öfter gegen solche Auswüchse von Willkür ankämpfen.
Das ist der Hintergrund vor dem wir eine Bewertung abgeben zu der Frage nach verkaufsoffenen Sonntagen.
Verkaufsoffene Sonntage verstärken alle hier dargestellten Umstände und Missstände.
Es muss, auch gerade vor diesem Hintergrund, die Frage beantwortet werden, welches öffentliche Interesse denn eigentlich eine Sonntagsöffnung rechtfertigt.
Eine irgendwie geartete Versorgungsfrage, kann nur mit „nicht erforderlich“ beantwortet werden. Kein einziger verkaufsoffener Sonntag ist auf dieser Grundlage erforderlich, auch nicht bezogen auf die Besucher eines Festes. Ein Fest versorgt seine Besucher selbst.
Auch die verschiedenen Feste können dafür kein Grund sein. Wie das Fest auch heißt, ein öffentliches Interesse an einer Sonntagsöffnung … ? Die Beschäftigten im Handel haben weder eine Unterhaltungsfunktion, noch dürfen sie ausgeschlossen werden von der Möglichkeit an diesen Festen selbst teilzunehmen. Alle diese Feste sind wunderschöne Veranstaltungen und sehens- und besuchenswert.
Das berechtigte Bedürfnis der Bevölkerung (und dazu gehören doch wohl auch die Beschäftigten des Handels) ein schönes Fest zu besuchen und zu erleben, muss und wird von dem jeweiligen Fest selbst befriedigt werden.
Wir sehen uns durchaus im Einklang mit einigen Mitgliedern des Rates, die schon lange mit uns gemeinsam bemerken, dass Sonntagsöffnungen keinen Sinn machen. Auch Einzelhändler haben dies, wenn auch nicht laut und öffentlich, kund getan. Bei der Anhörung zur LÖG-Evaluation, vor wenigen Tagen im Landtag, war sogar ein Arbeitgebervertreter nicht allein, der Betriebsaufgaben und Insolvenzen auf zusätzliche Ladenöffnungen zurückführte.
Zusätzliche Ladenöffnungen, so auch Sonntagsöffnungen, nutzen nur den ganz Großen. Die suchen zu heutigen Zeiten, wo der Markt aufgeteilt ist, wo Flächenexpansion an seine Grenzen gelangt, die Nischen in die sie hinein expandieren können. Diese Nieschen entstehen, wenn immer mehr Klein- und Mittelbetriebe aufgeben müssen.
Zusätzliche Öffnungszeiten erhöhen den Konkurrenzdruck, verändern die Kosten-, Nutzenrechnung. Der Euro, der heute ausgegeben wird, kann morgen nicht noch einmal ausgegeben werden. Und wer sich am Sonntag mit einer Ware versorgt hat, tut dies nicht am nächsten Tag noch einmal.
Die großen Unternehmen und Konzerne haben andere Kalkulationen und halten bei zusätzlicher Ladenöffnung (Sonntagsöffnung) und damit einhergehender geringerer Wirtschaftlichkeit länger durch.
Diese Konkurrenz der Großen gegen die Kleinen gilt auch für ganze Städte. So wie kleine und mittlere Händler sagen, man wolle ja eigentlich nicht, aber aus Gründen der Konkurrenz bliebe einem ja nichts anderes übrig, so machen auch ganze Städte den Sonntagsöffnungsreigen mit, ohne oder obwohl klar ist, dass tendenziell der Größere gewinnt. Die Zentralität des Bochumer Einzelhandels in Bezug auf Herne wird im Laufe der Zeit immer mehr zu Lasten von Herne gehen. Das gilt auch Richtung Süden. Aber was ist mit Bochum Richtung Osten oder Westen. Da ist Essen und Dortmund wohl eher der Mühlstein und Bochum das Korn. Aber man muss ja mitmachen. Wenn nicht, machen ja die anderen ein Zusatzgeschäft. Niemand betrachtet die Tendenz. Die Augen verschließen, ändert aber nichts an den Realitäten. Gerade im Ballungsraum Ruhrgebiet wird es Zeit diese Konkurrenz zu beenden. Besuchen wir uns gegenseitig. Feiern wir große Feste. Aber bitte nicht zu Lasten von Minderheiten wie kleine und mittlere Kommunen, kleine und mittlere Betriebe und nicht zuletzt … nicht zu Lasten der Beschäftigten im Handel.
Es muss auch mal wieder daran erinnert werden, dass der absolut größte Teil der Menschen in den Einzelhandelsbetrieben Frauen sind. Alles oben Beschriebene, alle Angst, alle Ungerechtigkeit und alle Notwendigkeit eine Veränderung herbei zu führen, bezieht sich besonders auf diesen Teil unserer Gesellschaft. Familie als soziale Einheit und Gesamtaufgabe, Erziehung im Besonderen, Buchhaltung, Gesundheitsdienst und nicht zuletzt die Tätigkeiten einer Reinigungskraft, einer Köchin, einer „Taxifahrerin“ … usw., ach ja, und dann noch der Job im Einzelhandel. Da fehlt auch noch die praktizierte Partnerschaft. Für viele unserer Kolleginnen ist der Sonntag der einzige „freie“ (natürlich nur auf den Job bezogen) Tag in der Woche. Da darf im Jahr nicht einer fehlen.
Diese freien Sonntage dürfen nicht wirtschaftlichen Interessen oder dem Wunsch nach unbeschwertem Vergnügen der Bevölkerung geopfert werden.
Der Rat unserer Stadt sollte auch dieses Jahr wieder daran denken, dass wenige Wochen später, nämlich am 08. März, zum internationalen Frauentag, das eine oder andere Ratsmitglied wichtige Dinge sagt und schreibt. Für den Ratsbeschluss erhoffen wir Konsequenzen im Sinne unserer Darstellung, erhoffen wir eine authentische Entscheidung, denn die Worte und Sätze zum 08.März werden gut und richtig sein.

Wir verbleiben mit freundlichem Gruß

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Bezirk Bochum-Herne

Helmut Süllwold
Gewerkschaftssekretär
Bezirksfachbereich Handel


Zum Polizeieinsatz am 1.1. 2012 in den Asylbewerberwohnungen in der Emilstraße
Dienstag 17.01.12, 08:30 Uhr

2. Brief von Dr. Ralf Feldmann 1

Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt
Bernd Schulte

Frau Polizeipräsidentin
Diana Ewert

Bochum

Staatsanwaltliche Ermittlungen und Polizeieinsatz nach versuchtem Tötungsdelikt am 1.1.2012 in Bochum-Wattenscheid Emilstraße 46-48
Ihre Schreiben vom 9. bzw.10.1.2012

Sehr geehrter Herr Schulte,
sehr geehrte Frau Ewert,

Ihre Weigerung, die Fragen aus meinem Schreiben vom 5. Januar zu beantworten,
lässt sich nicht mit dem lapidaren Hinweis auf § 475 Strafprozessordnung begründen. Gemäß § 475 Abs.4 können auch Privatpersonen Auskünfte aus Akten erteilt werden, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Auskünfte sind nur zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat (§ 475 Abs.1 Strafprozessordnung) oder – bei laufenden Verfahren – der Untersuchungszweck gefährdet würde (§ 477 Abs.2 Strafprozess-
ordnung).
Die öffentliche Diskussion des Geschehens auch in Medienberichten konzentriert sich bisher auf die Durchsuchung der Asylbewerberwohnungen selbst durch Spezialkräfte der Polizei. Meine in den Fragen zum Ausdruck kommenden Bedenken richten sich dagegen, dass nach der Durchsuchung unbeteiligte und unschuldige Dritte ohne individuell konkretisierbaren Tatverdacht vor den Augen ihrer fassungslosen Familien gefesselt wie Schwerverbrecher dem Polizeigewahrsam zur Untersuchung auf Schmauchspuren zugeführt und dort – so die Information im Innenausschuss des Landtags am Donnerstag vergangener Woche – bis zu vier Stunden in Arrestzellen eingesperrt wurden, hoffentlich wenigstens nicht mehr gefesselt. Die demokratische Öffentlichkeit in Bochum hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob derart massive Grundrechtseingriffe mit Recht und Gesetz in Einklang standen und zustande gekommen sind.
Dazu ist keineswegs, wie Sie, sehr geehrter Herr Schulte anführen, die Darlegung des Ermittlungsganges nötig, sondern zunächst nur die Mitteilung der Eingriffsnorm(en), die der Staatsanwalt in seinem Antrag und der Richter in seiner Entscheidung zur Rechtfertigung der vielfältigen Zwangsmaßnahmen als erfüllt angesehen haben. Ich erkenne keinen Grund, warum deren Darlegung die Interessen der namentlich unbekannten Betroffenen oder den Untersuchungszweck tangieren könnte. Im Hinblick auf die körperliche Untersuchung auf Schmauchspuren habe ich im Einzelnen beschrieben, was dabei rechtlich zu beachten ist; das kann man in jedem Kommentar zur Strafprozessordnung nachlesen. Meine in diesem Zusammenhang gestellten Fragen betreffen den notwendigen formalen Ablauf unter Einbeziehung der Belehrung und des rechtlichen Gehörs für die Betroffenen. Ist dies gewährt worden? Waren Staatsanwalt und Richter wenn nicht vor Ort, so doch im Polizeipräsidium und sind die Betroffenen einzeln angehört worden. Oder ging einer  – kollektiven? – Anordnung der Zwangsmaßnahmen im Eildienst des Neujahrstages nur eine (telefonische/mündliche) Kommunikation zwischen Polizei und/oder Staatsanwalt und Richter voraus? Ist die Entscheidung schriftlich abgefasst worden? Wer hat warum angeordnet, dass die Betroffenen im Polizeigewahrsam einzusperren seien? Auch das können Sie ohne Gefährdung der Interessen der Betroffenen oder der weiteren Ermittlungen beantworten.
Nach meinen Informationen sollen im Innenausschuss des Landtags die vom Ministerium gegebene Begründung für den Durchsuchungseinsatz selbst und seine massive Durchführung als nachvollziehbar bewertet worden sein, während zu den nachfolgenden Maßnahmen durchaus selbstkritische Anmerkungen zu hören gewesen seien. Ich habe deshalb kein Verständnis dafür, dass Sie sich den Fragen für eine kritische Aufarbeitung dieser Vorgänge entziehen wollen, hoffe aber immer noch, dass Sie dies noch einmal überdenken.

Hochachtungsvoll
mit freundlichen Grüßen

Ralf Feldmann


Zum Polizeieinsatz am 1.1. 2012 in den Asylbewerberwohnungen in der Emilstraße
Freitag 06.01.12, 14:53 Uhr

Brief von Dr. Ralf Feldmann

Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt
Bernd Schulte

Frau Polizeipräsidentin
Diana Ewert

Bochum

Staatsanwaltliche Ermittlungen und Polizeieinsatz nach versuchtem Tötungsdelikt am 1.1.2012 in Bochum-Wattenscheid Emilstraße 46-48

Sehr geehrter Herr Schulte,
sehr geehrte Frau Ewert,

meine Ratskollegin Frau Bürgermeisterin Platzmann hat in einem offenen Brief an Sie, sehr geehrte Frau Ewert, kritische Fragen gestellt zu den Ermittlungen und dem damit verbundenen Polizeieinsatz in den Asylbewerberheimen Emilstraße nach einem versuchten Tötungsdelikt in der Frühe des Neujahrstages. Der Leiter der Direktion Kriminalität im Polizeipräsidium Bochum, Herr Dickel, schildert den kritikwürdigen Kern des Polizeieinsatzes in seiner Antwort wie folgt: Nach dem versuchten Tötungsdelikt seien auf der Suche nach drei Tatverdächtigen “mit Migrationshintergrund“ die Asylbewerberheime durchsucht worden, weil begründeter Verdacht bestanden habe, dass die Verdächtigten sich dort aufgehalten hätten. Dreizehn angetroffene männliche Migranten seien gefesselt und zur Suche nach Schussabgabespuren und zur Identitätsfeststellung dem Polizeipräsidium zugeführt worden. Alle Maßnahmen sollen auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht Bochum angeordnet worden sein. Die dem Polizeigewahrsam zugeführten Menschen sollen “ruhig und verständnisvoll“ gewesen sein.

Ich gehe davon aus, dass die Durchsuchung von Wohnungen unbeteiligter Dritter grundsätzlich zulässig war, da zureichende Anhaltspunkte vorhanden waren, dass sich die Tatverdächtigten in einem der beiden Häuser aufhielten. Ob die Intensität des Einsatzes verhältnismäßig war, vermag ich nicht zu beurteilen. Wesentliche Fragen der Rechtmäßigkeit des staatsanwaltlichen und polizeilichen Vorgehens bleiben in der Antwort Herrn Dickels aber ausgeblendet. Evident bestand kein Anfangsverdacht gegen alle 13 festgenommenen, gefesselten und auf Spuren untersuchten Männer. Ein anfänglicher Beschuldigtenverdacht gegen alle Festgenommenen hätte sich nur mit der ebenso absurden wie rassistischen Annahme begründen lassen, dass bei Ermittlungen gegen Menschen mit Migrationshintergrund Migranten per se tatverdächtig sind; davon wird niemand ausgegangen sein. Im Hinblick darauf, dass zweifellos massiver Zwang gegen unbeteiligte Dritte ausgeübt wurde, stellen sich folgende Fragen:

  1. Aufgrund welcher strafprozessualen Eingriffsnormen wurden unbeteiligte Dritte vorläufig festgenommen, gefesselt, dem Polizeipräsidium zugeführt und in einer Reihenuntersuchung auf Schmauchspuren untersucht? Welche gesetzlichen Grundlagen nennt die richterliche Anordnung?
  2. Auf welche Weise und aufgrund welcher Kommunikation zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, insbesondere aufgrund welcher dem Ermittlungsrichter vermittelten Informationsbasis ist eine richterliche Anordnung der durchgeführten Maßnahmen zustande gekommen?

Soweit unbeteiligte Dritte gefesselt einer körperlichen Spurenuntersuchung zugeführt worden sind, ist § 81 c Strafprozessordnung einschlägig. Nach § 81 c Abs.1 dürfen andere Personen als Beschuldigte, wenn sie als Zeugen in Betracht kommen, ohne ihre Einwilligung nur untersucht werden, soweit zur Erforschung der Wahrheit festgestellt werden muss, ob sich an ihrem Körper eine bestimmte Spur oder Folge einer Straftat befindet. Womit haben Polizei, Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls der Ermittlungsrichter begründet, dass die gefesselten und untersuchten unbeteiligten Menschen als Zeugen der Tat in Betracht kommen?
Sodann: Haben die Betroffenen in die massiven Zwangsmaßnahmen etwa
eingewilligt? Die Fesselung scheint nach dem ersten Anschein dagegen zu sprechen. Die Einwilligung muss auf freiem Entschluss beruhen und sich ausdrücklich auf die Untersuchung beziehen, der der Betroffene unterzogen werden soll. Die Hinnahme der Untersuchung – “die Betroffenen waren ruhig und verständnisvoll“ – ist nicht schon Einwilligung. Sie liegt vielmehr nur vor, wenn eine freiwillige, ernstliche und in Kenntnis der Sachlage und des Weigerungsrechts erteilte ausdrückliche Zustimmung gegeben ist. Der Betroffene muss darüber belehrt werden, dass die Untersuchung und der Eingriff nur mit seiner Einwilligung vorgenommen werden dürfen. Würde man eine Zeugeneigenschaft der Betroffenen im vorliegenden Fall überhaupt bejahen, hätte auch über ein Untersuchungsverweigerungsrecht analog dem Zeugnisverweigerungsrecht belehrt werden müssen. Wer hat diese doppelte Belehrung erteilt? Geschah dies mit Dolmetschern oder war die sprachliche Verständigung problemlos? Und schließlich: Angesichts der Massivität des Eingriffs – Fesselung eines unbeteiligten Dritten zum Zweck der körperlichen Spurensuche – wäre selbst bei einer Einwilligung gemäß § 81 c Abs.5 und Abs.6 Strafprozessordnung die richterliche Anordnung unerlässlich. Auf welche Weise sind dem Ermittlungsrichter der Sachverhalt, die beabsichtigten Maßnahmen und die Reaktionen der Betroffenen darauf mitgeteilt worden, damit er die Entscheidung über einen erheblichen Grundrechtseingriff ( Art.1 und Art. 2 I GG) sachgerecht treffen konnte? Gab es einen schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft und hatten die Betroffenen – unbeteiligte Dritte – die Möglichkeit rechtlichen Gehörs?

Herr Dickel nimmt in seiner Antwort an Frau Platzmann für die Polizei in Anspruch, sie sei mit großer Professionalität vorgegangen. Ich kann nur hoffen, dass Ihre Antwort auf die aufgeworfenen Fragen meine Befürchtung zerstreut, dass es eine Professionalität am Recht vorbei war, der das Kalkül zugrunde lag, dass sich Asylbewerber ohnehin nicht wehren werden. In unserer grundrechtlich geprägten Rechtsordnung heiligt der Zweck nicht die Mittel. Es kann deshalb nicht rechtmäßig sein, unschuldige Väter vor den Augen ihrer Familie ohne zureichenden Grund gefesselt wie Schwerverbrecher abzuführen.

Bitte sorgen Sie durch selbstkritische Reflektion des Einsatzes am Neujahrstag dafür, dass in Bochum staatsanwaltliche und polizeiliche Professionalität und grundrechtliche Sensibilität stets identisch sind.

Mit freundlichem Gruß

Ralf Feldmann

P.S. Ich werde diesen Brief in die öffentliche Diskussion einbringen


Mittwoch 04.01.12, 10:37 Uhr

Antwort des Polizeipräsidiums auf den offenen Brief von Astrid Platzmann

Frau
Astrid Platzmann
Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit,
Gesundheit und Soziales der Stadt Bochum
Grüne Fraktion im Rat der Stadt Bochum
Per Mail

Nachrichtlich den Medien im PP Gebiet
Staatsanwaltschaft und Stadt Bochum
Fraktion der Grünen im Stadtrat

Polizeieinsatz nach versuchtem Tötungsdelikt am 1.1.2012
Bochum-Wattenscheid, Emilstraße 46-48

Ihr offener Brief an Polizeipräsidentin Ewert vom 2.1.2012

Sehr geehrte Frau Platzmann,

da Frau Polizeipräsidentin Ewert noch bis zur kommenden Woche im Urlaub im Ausland weilt, beantworte ich Ihre Fragen als zuständiger Leiter der Direktion Kriminalität beim Polizeipräsidium Bochum.

Bevor ich auf Ihre Fragen im Detail eingehe, möchte ich den aktuellen Ermittlungsstand darstellen. Am 1.1.2012 gegen 05.10 Uhr auf der Hochstraße in Bochum-Wattenscheid wurden von einer männlichen Person insgesamt sechs Schüsse auf drei Männer abgegeben, die dazu führten dass ein Mann in Brust und an der Hand verletzt, ein weiterer ins Bein getroffen wurden. Die dritte Person blieb unverletzt. Nach den Geschädigtenangaben entfernte sich der Tatverdächtige unmittelbar mit einem PKW Mercedes Benz, dunkel mit italienischem Kennzeichen, in dem noch zwei weitere Personen – auch Männer – saßen.
Das beschriebene Fahrzeug wurde bereits gegen 05.30 Uhr parkend und verlassen mit noch warmer Motorhaube von Fahndungskräften vor dem Haus Emilstraße 48 festgestellt. Der Auffindeort liegt ca. drei km vom Tatort entfernt.
Die ersten Beschreibungen der Geschädigten hatten bereits ergeben, dass die Tatverdächtigen, wie die Geschädigten auch, einen Migrationshintergrund hätten. Die beiden als Übergangswohnheime für Asylbewerber genutzten Häuser Emilstraße 46 und 48 wurden sofort von Einsatzkräften umstellt, weil zu vermuten war, dass sich die Tatverdächtigen in diese Häuser begeben hatten.
Weil es sich bei den Gesuchten um Personen handelte, die bereits rücksichtslos und gezielt von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht hatten, wurde auf eine sofortige Durchsuchung des Hauses verzichtet. Diese hätte sowohl das Risiko des erneuten Schusswaffengebrauchs der Tatverdächtigen auf Polizeibeamte beinhaltet wie auch eine Geiselnahme bei den Hausbewohnern zur Erzwingung der Flucht auslösen können.
Beide Häuser wurden, als entsprechend geschützte und speziell ausgebildete Einsatzkräfte aus dem Land zusammen gezogen waren, gezielt Wohnung für Wohnung nach den namentlich noch nicht bekannten Tatverdächtigen durchsucht.
Es wurden alle angetroffenen männlichen Personen, auf die die Beschreibung des Schützen zutreffen konnte, gefesselt und zur Suche nach Schussabgabespuren an den Händen sowie zur Identitätsfeststellung dem Polizeipräsidium zugeführt. Dabei handelte es sich um 13 Personen, weil ein erkennbar blinder Mann sofort als Tatverdächtiger ausgeschlossen werden konnte.
Frauen und Kinder wurden weder gefesselt noch sonst Zwangsmaßnahmen unterzogen.
Alle Unverdächtigen wurden unmittelbar nach Abschluss der Maßnahmen entlassen. Zwei Personen konnten dabei als Halter des PKW bzw. als dessen Sohn und Träger des Fahrzeugschlüssels identifiziert werden. Diese beiden Personen wurden festgenommen und im Laufe des 2.1.2012 nach Entscheidung der Staatsanwaltschaft entlassen, weil die vorliegenden Verdachtsgründe noch keinen dringenden Tatverdacht begründeten.
Bei den Maßnahmen handelte es sich um Durchsuchungen zur Ergreifung von flüchtigen Tatverdächtigen von Verbrechen und um damit korrespondierende Maßnahmen zur Sicherung von Tatspuren sowie um Identitätsfeststellungen. Alle Maßnahmen wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum vom Ermittlungsrichter am Amtsgericht Bochum angeordnet.
Nun zu Ihren Fragen, die ich durchnummeriert habe:
1. Ist es richtig, dass alle männlichen Bewohner über 18 Jahre zunächst festgenommen wurden?
Nein, es wurden insgesamt 13 männliche Personen, die als Tatverdächtige in Betracht kommen konnten gefesselt zum Polizeigewahrsam verbracht. Dort wurden Schmauchspuren genommen und die Identität festgestellt, danach wurden 11 Personen entlassen, weil zwei Personen mit dem Tatfahrzeug in Verbindung zu bringen waren. Die Fesselung war erforderlich, um ein Abreiben oder anderweitiges Verändern der möglichen Spuren zu verhindern.

2. Wäre das Vorgehen bei vergleichbarer Sachlage in einem üblichen Mietshaus mit 22 Personen identisch gewesen?
Ja.
a. Wären auch hier alle männlichen Bewohner über 18 Jahre zunächst verhaftet worden?
Ja, wenn nicht andere Gründe den Anfangsverdacht sofort hätten entfallen lassen, wie z. B. ein Körpergebrechen

b. Wäre es auch hier zu einem Einsatz von 100 SEK-Beamten und Hubschraubern gekommen?
Ja, wobei zwar weit über 100 Polizisten im Einsatz waren, dies aber auch zum Zwecke der Absperrung, für Ermittlungen und der Anteil der Beamten des Spezialeinsatzkommandos war deutlich geringer. Hubschrauber wie auch Spür- und Suchhunde wurden zur Absuche des Geländes um die Häuser, um das Fahrzeug und zur Suche nach der Tatwaffe eingesetzt.

3. Welcher Art sind die Verletzungen der drei Menschen, die noch Stunden nach dem Einsatz ärztliche Hilfe benötigten?

Nach allen uns vorliegenden Erkenntnissen wurde bei dem Einsatz niemand verletzt. Eine Frau war kurz vor dem Einsatz operiert worden und wurde deshalb ärztlich betreut. Eine andere Person stellte sich als Dialyse-Patient heraus und wurde deshalb bevorzugt behandelt und sehr zeitnah nach dieser Feststellung entlassen.

4. Wie ist es zu den Verletzungen dieser Menschen gekommen?
Die Antwort entfällt

5. Sind die Verletzten die drei Personen, die nach der Berichterstattung in den Medien zunächst als Verdächtige festgenommen wurden?

Es sind letztlich zwei Personen festgenommen worden, die keine Verletzungsspuren aufwiesen.

6. Wurde der Tatverdacht gegen Bewohner des Übergangsheimes bzw. Besucher des Heimes bestätigt.

Der Tatverdacht besteht unverändert fort und wird sich, wenn das Gutachten über Schmauchspuren vorliegt, ggf. erhärten bzw. wenn andere Ermittlungsergebnisse hinzutreten. Richtig ist, dass es sich bei den Verdächtigen nicht um Bewohner sondern um Besucher von Bewohnern handelt.

Ergänzend zu Ihren Fragen sei noch auf Folgendes hingewiesen:

Ich war selbst von 12.30 Uhr bis 15.00 Uhr und von 16.00 bis ca. 18.30 Uhr am Objekt Emilstraße. Ich habe dort sowohl mit Anwohnern, eintreffenden Angehörigen als auch den Bediensteten der Stadt, die für die Unterkunft zuständig sind, gesprochen.

Insbesondere die städtischen Bediensteten haben vorbildlich sowohl die Polizei mit Informationen unterstützt als auch dann in der Kommunikation mit den Betroffenen und Angehörigen sehr gute Verständigungsarbeit geleistet. Bis heute besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen Bediensteten und der Ermittlungskommission.

Ich habe jedem fragenden Bewohner Rede und Antwort gestanden und dabei dann regelmäßig Verständnis feststellen können. Gleichermaßen waren alle dem Polizeigewahrsam zugeführten Menschen ruhig und verständnisvoll.

Unstreitig führt das Eindringen von Spezialeinsatzkräften bei Betroffenen zu Erschrecken, Schock, ggf. auch einem Trauma. Allerdings würde eine solche Diskussion anders geführt, wenn es zu weiteren Schüssen, zu einer Geiselnahme oder Ähnlichem gekommen wäre.

Dieses Dilemma ist für Polizei nur schwer aufzulösen und die Entscheidungen werden unter großem Zeit und Handlungsdruck gefällt.

Mit dieser Maßnahme haben wir durch bewusstes Zeigen von einer großen polizeilichen Übermacht mit entsprechender Professionalität und durch sehr konsequentes und entschiedenes Vorgehen etwaige Flucht- oder Befreiungspläne der Tatverdächtigen versucht, im Keim zu ersticken. Wir haben dabei in Kauf genommen, dass Zeit bleibt, um die Tatwaffe(n) zu entsorgen, was gleichzeitig die davon ausgehenden Gefahren minimiert.

Die Annahme, dass die Insassen des als Tatfahrzeug anzusehenden Wagens vor dem Objekt dann in eines der beiden Häuser geflüchtet sind und sich dort verborgen hielten, hat sich aufgrund der Feststellungen zu den beiden Hauptverdächtigen wie auch durch die eingesetzten Spürhunde bestätigt. Mit Blick auf die sehr kurze Zeitspanne zwischen Tat- und Fahrzeugentdeckung dürften sich der Täter und dessen Begleiter (Mittäter) daher unter den 13 überprüften Personen befunden haben.

Seitens der Polizei werden alle materiellen Schäden erstattet und Sie weisen zu Recht darauf hin, dass seitens des Sozial- und Jugendamtes professionell schon am Einsatztage gearbeitet wurde.

Ich hoffe, damit die Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und sowohl Herr Sprogies, als Vertreter der Polizeipräsidentin wie auch Frau Ewert selbst in der kommenden Woche oder ich stehen gerne als Gesprächspartner für ergänzende Fragen zur Verfügung.

Da Ihr Brief – wofür ich vollstes Verständnis habe – als offener Brief abgefasst wurde, stelle ich diesen Brief parallel zur Information an Sie ebenfalls allen in Bochum erscheinenden oder sendenden Medien zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Gez.

Andreas Dickel

Leiter Direktion Kriminalität


Vermerk der Leiterin des Bochumer Sozialamtes zu einer Polizeiaktion am 1. 1. 2012
Dienstag 03.01.12, 14:13 Uhr

Polizeilicher Großeinsatz

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2012 kam es auf der Hochstraße zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit Schusswaffengebrauch und drei verletzten Personen.
Der Täter flüchtete zur Emilstraße, wo er vor den Gebäuden unseres Wohnheimes seinen Wagen abstellte und sich offenbar in diesem Bereich auch aufhielt.
Aufgrund dieser Situation kam es zu einem polizeilichen Großeinsatz mit rd. 100 Personen des SEK – Sondereinsatzkomando, die 2 Gebäude umstellten und anschließenden die Wohnungen stürmten.
Bei dem Einsatz wurden die erwachsenen männlichen Bewohner festgenommen und zur Vernehmung gebracht. Alle Festgenommenen wurden im Laufe des Tages wieder frei gelassen und sind in die Einrichtung zurückgekehrt.
Kurze Zeit nach Bekanntwerden der polizeilichen Aktion, haben wir den Kontakt und die Betreuung der Bewohner im Übergangsheim aufgenommen und auch durch ärztliche Unterstützung die ersten Schritte eingeleitet.
Im Laufe des Tages haben wir mehrfach mit den Bewohnern gesprochen und uns in den Abendstunden erneut mit allen Betroffenen ausgetauscht. Dabei wurde nochmals für drei Personen medizinische Versorgung organisiert.
Für die Nacht vom 01. auf 02.01.12 wurde ein Wachdienst eingesetzt, da es durch den polizeilichen Einsatz zu Beschädigungen an den Türen kam.
Die BewohnerInnen werden weiterhin durch uns sozialarbeiterisch betreut und die  Kinder durch das Jugendamt begleitet.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ämter 50 und 51 sind vor Ort.
Sicherungs- und Reparaturbedarfe werden zur Zeit aufgenommen und durch uns veranlasst.
Betroffen von dem Einsatz sind 22 Familien mit ingesamt 107 Personen, davon 50 Kinder unter 18 Jahren. Die Bewohner stammen mehrheitlich aus Syrien, Kosovo, Irak, Aserbaidschan, Armenien, Russische Förderation, Serbien.
Wir werden Sie über die Entwicklung weiter auf dem Laufenden halten.
Die Bezirksverwaltungsstelle Wattenscheid, die Fraktionen und die Mitglieder des ASG sind/werden parallel informiert

Gruß
Heide Ott


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Sevim Dagdelen

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,liebe Freundinnen und Freunde!

vor gerade einmal vier Monaten ging ein Aufschrei des Entsetzens durch Deutschland. Die öffentliche Empörung war groß als am 22. Juli 2011  insgesamt 77 Menschen bei Anschlägen in Norwegen starben.
Für Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und die Sicherheitsbehörden ergab sich für Deutschland keine neue Sicherheitslage. Die Einschätzung wäre mit Sicherheit anders ausgefallen, wäre ein fanatischer Islamist für das Blutbad verantwortlich gewesen und nicht ein weißer Biobauer aus Oslo, der Rassist Breivik.
Seit Jahren beweisen die Bundes- als auch die Landesregierungen und die Vasallen der Sicherheitsdienste, dass sie nicht nur auf dem rechten Auge blind sind. Schlimmer noch: Sie haben neonazistische Morde durch Spitzel in neonazistischen Strukturen sogar organisatorisch und finanziell unterstützt. Das ist skandalös!
Seit Jahren rechnen die Sicherheitsbehörden die Opfer rechter Gewalt runter.Die Linksfraktion im Bundestag stellt seit Jahren vierteljährlich Anfragen zu diesem Thema. Mindestens 182 Menschen sind seit 1990 Opfer von Rassisten und Neonazis geworden. Sie sind Opfer der gezielten Ignoranz der Politik. Sie sind aber auch Opfer der geistigen Brandstifter, die zum Beispiel unter dem Motto „Das Boot ist voll“ die Pogromstimmung gegen Migranten Anfang der 1990er Jahre schürten. Mit der dann folgenden Abschaffung des Asylrechts im Grundgesetz machten sich CDU/CSU, FDP und SPD zu Erfüllungsgehilfen des rassistischen Mobs auf der Straße. Und in den letzten Jahren wird im Stile des SPD lers Thilo Sarrazin der NPD das Wort geredet und eine Hetze über sog. „Integrationsverweigerer“ betrieben.
Wer nicht davor zurückschreckt, rassistische Vorurteile zu bedienen oder sie zu schüren, ist Wegbereiter rassistischer Gewalt.
Das gleiche gilt auch für jene, die gebetsmühlenartig eine Gefahr von Links beschwören. Ganz im Sinne des Antikommunismus wird nach sogenannten Totalitarismustheorie und Extremismusklausel bis heute antifaschistisches Engagement als „Linksextremismus“ mit dem Neonazismus gleichsetzt, werden neonazistische und rassistische Gewalt damit schliesslich verharmlost. Damit muss endlich Schluss sein in Deutschland!
Viele von euch waren sicher im Februar in Dresden gegen die Nazis dabei und haben erlebt, wie dieser Staat sehr wohl Partei ergreift. Mit großem Aufwand werden Nazis nicht nur geschützt, sondern zehntausende Antifaschistinnen und Antifaschisten und Millionen Bürgerinnen und Bürger durch Funkzellenüberwachung bespitzelt und strafrechtlich verfolgt wie mit Hilfe  des Bochumer Kreissprechers der Linken, Christian Leye, dies kürzlich aufgedeckt wurde.
Es ist aufs Neue deutlich geworden: die Geheimdienste sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Sie gehören abgeschafft!
Sie gehören abgeschafft so wie die NPD und alle neonazistischen Organisationen und Vereine verboten gehören!

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,liebe Freundinnen und Freunde!
Wer Ja zum NPD-Verbot sagt der muss auch Ja sagen zur Abschaltung der V-Leute in der NPD. Sonst ist das Bekenntnis zum NPD-Verbot unglaubwürdig!
Und trotz des richtigen und notwendigen NPD-Verbotes muss klar sein:
Das Verbot der NPD kann das grundsätzliche Problem des Rassismus nicht lösen. Eine radikale Lösung ist nur möglich, wenn rassistischem und nazistischem Gedankengut der gesellschaftliche Boden entzogen wird. Denn wie Max Horkheimer so treffend gesagt hat: „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll über den Faschismus schweigen.“
Denn Antifaschismus ist mehr als nur eine Gegenbewegung.
Ohne Kritik an den bestehenden sozialen Ungerechtigkeiten können wir das Problem menschenverachtender Naziideologien nicht angehen. Ohne die soziale Frage kann man den Rassismus nicht bekämpfen. Lasst uns gemeinsam gegen  die sozialen Ungerechtigkeiten eintreten und die Menschen nicht empfänglich machen für die braune Propaganda. Lasst uns gemeinsam den Nazis in den Weg stellen und entgegentreten auch im kommenden Kanuar wenn es heisst „Dresden Nazifrei!“ oder Bochum Nazifrei. Lasst uns gemeinsam kämpfen: Überall Nazifrei!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Mehriban Özdogan

Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten
wir bekommen täglich scheibchenweise Informationen über eine faschistische Terrorgruppe Namens NSU, die seit Jahren unbehelligt Menschen mordet, Banken ausraubt und Terroranschläge durchführt.
Es ist unbegreiflich, wie all dies bisher der Öffentlichkeit verheimlicht wurde, zumal diese faschistische Gruppe direkte Verbindungen zum Verfassungsschutz hatte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass der Verfassungsschutz mit derart faschistischen Organisationen in Zusammenhang gebracht wird.
Diese Entwicklungen und Enthüllungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Das Hauptproblem ist der eigentliche Nährboden für derartige besorgniserregende, rassistische und faschistische Übergriffe. Seit Jahren werden AntifaschistInnen kriminalisiert, MigrantInnen mit Gefahr und Terror in einem Atemzug genannt.
Die Diskussionen und Debatten der politischen Elite über Integrationsunwillige Jugendliche und Kopftuch-Kinder haben dem rechten Gedankengut dazu verholfen, sich salonfähiger zu präsentieren und vielmehr offener und radikaler aufzutreten.
Anstatt Antifagruppen, GewerkschaftlerInnen, Bündnisse gegen Rechts, KommunalpolitikerInnen und andere zu diffamieren und zu kriminalisieren, müssen sie Anerkennung,Unterstützung und Ermutigung durch politisch Verantwortliche aller Parteien erfahren. Wer Misstrauen gegen engagierte BürgerInnen sät, wird mehr rechte und rassistische Gewalt ernten. Wer militante Kameradschaften schwächen will, muss alternative, nicht-rechte Jugendkulturen fördern.
Der berechtigten Forderung nach einem Verbot von faschistischen und rassistischen Organisationen und Parteien müssen jetzt Taten folgen. Wir dürfen nicht einfach nur jammern, sondern müssen das Problem an der Wurzel packen. Auch Migranten, die auf die Tränendrüsen drücken und sich zu hilflosen Opfern machen, sind auch auf der falschen Spur. Wir müssen gemeinsam gegen jeglichen Rassismus entgegentreten.
Nur gemeinsam sind wir stark!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Christoph Nitsch

Liebe antifaschistischen Freundinnen und Freude,
mit Empörung und Wut haben wir in den letzten Wochen zur Kenntnis nehmen müssen, dass mehr als 10 Jahre eine faschistische Terrorzelle und ihre Helfershelfer Deutschland, bis dato unerkannt, mit Mord und Terror überziehen konnte.
Die Mordopfer, Menschen mit Migrationshintergrund, gerieten selbst, im Rahmen des gesellschaftlich- rassistischen Normalkonsens, ins Zwielicht des Verdachts von Schutzgelderpressung, Mafiastrukturen, etc.
Die Presse erfand das ebenso dümmliche, wie diskriminierende Wort von den „Döner-Morden“!
Nun, da die faschistischen Mörder ermittelt wurden, sind ihre Opfer endlich rehabilitiert.
Doch das ist neben einigen Festnahmen auch das einzig bislang Positive!
Zu viele offene Fragen lassen Zweifel daran aufkommen, dass eine umfassende Aufklärung und Information der Öffentlichkeit auch wirklich gewollt ist.
Die offizielle Theorie zu den Toden der Terroristen Böhnhardt und Mundlos erscheint lückenhaft und unlogisch.
Wie konnten die Behörden innerhalb der ersten Tage soviel Beweismaterial und Erkenntnisse zu der Mordserie zu Tage fördern, wenn die Terrorgruppe doch über Jahre unentdeckt blieb?
Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz, der die Gruppe scheinbar mit Papieren belieferte, und vor Allem der hessische Verfassungsschützer mit dem Spitznamen „Kleiner Adolf“, der bei einem der Morde zugegen gewesen sein soll?
Gibt es neben den nationalen Verflechtungen mit NPD, Freien Kameradschaften, etc. auch eine internationale Dimension des rechten Terrors, da doch der norwegische Attentäter und Massenmörder Breivik, in einer seiner ersten Vernehmungen von zwei aktiven Terrorzellen in Europa sprach?
Ich befürchte, dass viele unserer kritischen Fragen unbeantwortet bleiben werden, da eine schonungslose, gesellschaftliche Aufarbeitung des Neofaschismus gar nicht von Allen gewünscht wird, zu tief wurzeln Rassismus und Sozialchauvinismus in der Mitte der Gesellschaft, wie nicht nur das unrühmliche Ende des SPD-Parteiausschlussverfahrens von Thilo Sarrazin belegt!
Antifaschistisches Engagement wird systematisch kriminalisiert, wie nicht nur die Massen-HandyÜberwachung auf der Blockade des Naziaufmarsches in Dresden im vergangenen Frühjahr besonders drastisch zeigt.
Auch die unsägliche „Extremismus-Debatte“, die unwissenschaftliche und stigmatisierende Gleichsetzung von links und rechts, in der bürgerlichen Politik und Presse tut ihr Übriges, um AntifaschistInnen ins gesellschaftliche Abseits zu stellen!
Auch hier in Bochum Langendreer haben sich Presse und bürgerliche PolitikerInnen nicht mit Ruhm bekleckert, als sie den systematischen Terror einer Neonaziclique gegen AnwohnerInnen, MigrantInnen und antifaschistischen Menschen als „Nachbarschaftsstreitigkeiten“ und „Auseinandersetzung rivalisierender Jugendbanden“ verniedlichten!
Ich könnte hier noch stundenlang über das Erstarken faschistischer Militanz und die Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit von einflussreichen Teilen der Gesellschaft dagegen vorzugehen, referieren.
Wichtiger ist jedoch, was wir, als Antifaschistinnen und Antifaschisten daraus für Schlüsse ziehen:
Unsere Solidarität muss all jenen gehören, die Opfer von faschistischer Gewalt und rassistischer, sexistischer, sozialchauvinistischer und jeglicher menschenverachtender Diskriminierung werden!
Fordern wir die rückhaltlose Aufklärung der Verbrechen der Erfurter Terrorgruppe, ihrer Helfershelfer, ihrer Hintermänner und der Rolle des Verfassungsschutzes, sowie anderer Behörden!
FaschistInnen und deren SympathisantInnen haben im Staatsdienst nichts zu suchen!
Schaltet endlich die V-Leute ab, damit ein erneutes NPD-Verbot erfolgreich sein kann!
Wir fordern ein Verbot aller faschistischen Parteien, Gruppierungen, Print- und Internetmedien im Namen der Menschlichkeit, der internationalen Solidarität und im ehrenden Angedenken an Klaus Kunold, der wir nicht nur heute, sondern auch in Zukunft schmerzlich vermissen werden!
Seine Menschlichkeit, Klugheit, Freundschaft und sein unermüdliches Engagement lebt weiter in unseren Herzen und wir werden in seinem Sinne für eine gerechtere Gesellschaft weiterkämpfen!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Hatice Ünlübayir

Liebe Demokratinnen und Demokraten, liebe Freundinnen und Freunde
Die Verharmlosung von Straftaten von Rechten und alltäglichem Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland ist oft traurige Realität in unserer Gesellschaft.
Leider haben die polizeilichen Ermittlungen teilweise zum Ergebnis geführt, dass fremdenfeindliche und rechtsradikale Straftaten von angeblich „verwirrten Einzeltäter der rechten Szene“ begangen worden sind.
In diesen Aussagen haben wir der Polizei und dem Verfassungsschutz vertraut, was ein Fehler war. Uns wurde das Ausmaß spätestens bewusst, als der Bekennerbrief bei den toten, vermeintlichen Bankräubern gefunden wurde und sie selber sich zu den neun Morden an Migranten und der Polizistin bekannt haben. Da wurde uns klar, zu was die Verharmlosung von rechtextremistischen Übergriffen und Tötungen führen kann.
Durch die Gleichsetzung von  Links- und Rechtsextremismus, aber auch islamistischen Anschlägen, wie jüngst die Junge Union es wieder tat, wurden und werden weiterhin Gewalttaten und Morde von der rechten Szene verharmlost und als Taten einzelner verwirrter Neonazis  zur Akte gelegt und nicht mehr ernsthaft weiter verfolgt. Gerne werfen die CDU und die CSU linke DemonstrantInnen und rechtsextreme Mörder in einen Topf.
Grünen haben diesen Vergleich, aber auch die Gleichsetzung und die dann folgende Ignoranz und Verharmlosung von nationalsozialistisch geprägter Gewalt, die seit zwanzig Jahren 180 Menschen das Leben gekostet hat,  schon immer scharf kritisiert. Schon seit langem fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abschaffung der von Familienministerin Schröder eingeführten Extremismusklausel.
Es ist unerträglich und es ist gefährlich eine „-ismus“-Gleichsetzung zu  propagieren, die nur von der eigentlichen Aufgabe ablenktdem Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Die Feinde der demokratischen Grundordnung und eines freiheitlichen Rechtsstaates sind vor allem bei den Neonazis zu finden.
Aber wir erfahren nicht selten, dass couragierte Bürger und Bürgerinnen, die sich dem aggressiven, menschenverachtenden Verhalten von Neonazis entgegen stellen und diesen Missstand nicht mehr hinnehmen wollen, oftmals von der Polizei und den politischen Verantwortlichen in Stich gelassen werden und keine Unterstützung erhalten.
Demokratische Gruppen, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren, werden im Rahmen der ´Extremismus`- Klausel kriminalisiert und an ihrer Arbeit gehindert.
Diesen Menschen gebührt unsere Achtung und Unterstützung in Ihrem Einsatz und Widerstand gegen die rechtsradikalen Strömungen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann Rechtsextremismus nur durch eine starke Demokratie von unten bekämpft werden. Dabei müsse vor allem lokalen Initiativen der Rücken gestärkt werden, hieß es im Antrag der Bundesdelegiertenkonferenz des grünen Bundesvorstands vor zwei Wochen.

Ich fordere daher alle demokratischen Parteien auf, gemeinsam gegen Terrorismus, Intoleranz, Rassismus und Gewalt  Flagge zu zeigen und erhoffe mir die Unterstützung und die Förderung bürgerlichen Engagements und Zivilcourage gegen rechtsradikale, fremdenfeindliche, antisemitische, menschenverachtende  und faschistische Parteien und Gruppierung.

Darüber hinaus fordere ich strafrechtliche Verfolgung jeglicher rassistisch bzw. rechtsradikal motivierter Übergriffe.

Ich möchte den Familien, deren Väter, Ehemänner, Brüder, Söhne und Tochter Mordopfer von rechtsextremistischen  Neonazis geworden sind, mein Beileid aussprechen und Ihnen versichern, dass wir uns als Grüne für die lückenlose Aufklärung der Mordserie einsetzen werden.
Kampf dem Rechtsradikalismus und Faschismus in Deutschland

Vielen Dank!!