Unabhängige Sozialberatung


Pressemitteilung vom 4. Mai 2007
Freitag 04.05.07, 15:00 Uhr

Unabhängige Sozialberatung – Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose

ARGE – Zwangumzüge und Heizkosten

Sozialausschuss: Der Wind weht kälter … für Hartz IV-Betroffene!

Bis zu 400 „Bedarfsgemeinschaften“ mussten ihre Wohnung räumen, berichtete die ARGE am gestrigen Donnerstag, 3. Mai 2007 im Sozialausschuss. Deutlich weniger als die einmal befürchteten 800, aber ein Vielfaches von dem, was ehedem als tolerabel bezeichnet wurde. Doch ging nicht der gewohnte Aufschrei durch den Sitzungssaal – offensichtlich war im Vorfeld bereits alles abgesprochen.
Ähnliches ist zu vermuten beim Thema „Heizkosten“: da will die ARGE weitermachen wie bisher – die Versammelten nahmen es zustimmend zur Kenntnis.
Zwar versucht die ARGE nun, die Heizkosten-Richtlinie „gerichtsfest“ zu machen, indem in einer (neu einzufügenden) Vorbemerkung ausgeführt wird, „ … dass Leistungen für Heizung grundsätzlich in tatsächlich anfallender Höhe zu erbringen sind“. Tatsächlich will sie das aber nur solange tun, „wie sie vom Leistungsberechtigten noch nicht beeinflussbar waren …“. Das könne zwei – drei Heizperioden in Anspruch nehmen – uns sind Kürzungen aber bereits seit Anfang 2006 bekannt.
Der Antrag der PDS-Fraktion, Hartz-IV-Betroffenen ein unentgeltliches Girokonto zu ermöglichen, wurde zur Abklärung an die Sparkasse verwiesen. Verbunden allerdings mit dem Hinweis, die Kommune könne ja nicht dafür aufkommen, dass die Hartz IV- Leistungen zu knapp bemessen seien. Ob die Kommune ihre Bürger und Bürgerinnen (und deren Kinder!) aber so einfach in der Armut stehen lassen sollte, und wie viel ihr der soziale Frieden und das Lebensgefühl einer Stadt wert sind, blieb offen.
Zum Thema „Heizkosten“ betritt die ARGE verschlungene Pfade:
Vor allem will sie abwarten: abwarten auf „ …die von der Bundesregierung beabsichtigte Novellierung der EnergiesparVerordnung …“. Der Vorgriff auf etwaige zukünftige Gesetzesänderungen muss allerdings ausserordentlich kritisch gesehen werden. Und sie kommt zu folgendem Ergebnis:
„Fazit: Da die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes der „angemessenen Heizkosten“ derzeit Gegenstand eines anhängigen Verfahrens beim LSG NRW ist (Anm. N.H.: gemeint ist die bekannte Entscheidung des SG Aachen v. 1.2.206, Az.: S 11 AS 99/05) und verwertbares Datenmaterial der ARGE Bochum hinsichtlich der Auswirkungen der Richtlinien zur Ermittlung der „angemessenen“ Heizkosten erst zum Ende des 1. Halbjahres 2007 zur Verfügung stehen wird (s. a. TOP V.8 der Niederschrift über die Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses vom 22.11.2006 – Vorlage Nr. 20062875/00 -), besteht aus Sicht der Verwaltung zurzeit kein Erfordernis für weiter gehende Änderungen der Richtlinien.“
Die Tendenz der Senate des Essener Landessozialgerichts ist allerdings bekannt und gefestigt: „ … … Grundsätzlich ergibt sich die Höhe der als angemessen anzusehenden Heizungskosten aus den von den Energieunternehmen festgesetzten Vorauszahlungen …“ (L 19 B 68/05 AS ER vom 06.12.2005 rechtskräftig; gleichlautend: L 20 B 63/06 AS NZB 08.06.2006 rechtskräftig). Eine Änderung dieser Einstellung ist nicht zu erwarten. Das Verfahren ist auch noch nicht terminiert, es können also noch viele Monate bis zu einer Entscheidung vergehen. Zudem dürfte in einer zukünftigen Hauptsacheentscheidung die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden; eine Entscheidung dort kann dann lange auf sich warten lassen.
„Aussitzen“ heißt also das Motto bei der ARGE. Und der Sozialausschuss sitzt mit! Unsere Forderung lautet: bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung sind der aktuellen Rechtsprechung gemäss die tatsächlich anfallenden Heizkosten zu übernehmen. Alles andere würde zu einer groben Belastung und Verunsicherung der Betroffenen führten. Und zu hohem Arbeits- und Kostenaufwand für die ARGE! Denn für uns heisst die Mitteilung vom Donnerstag: „Business as usual“ – „Widerspruch und Klage“!
Zu den Sitzungsunterlagen bzw. Vorlagen des Sozialausschusses.


Freitag 04.05.07, 15:00 Uhr
Bericht aus dem Sozialausschuss

Bis zu 400 „Bedarfsgemeinschaften“ mussten ihre Wohnung räumen

Die Unabhängige Sozialberatung berichtet in einer Pressemitteilung über die gestrige Sitzung des Sozialausschusses der Stadt Bochum: »Bis zu 400 „Bedarfsgemeinschaften“ mussten ihre Wohnung räumen, berichtete die ARGE am gestrigen Donnerstag, 3. Mai 2007 im Sozialausschuss. Deutlich weniger als die einmal befürchteten 800, aber ein Vielfaches von dem, was ehedem als tolerabel bezeichnet wurde. Doch ging nicht der gewohnte Aufschrei durch den Sitzungssaal – offensichtlich war im Vorfeld bereits alles abgesprochen.
Ähnliches ist zu vermuten beim Thema „Heizkosten“: da will die ARGE weitermachen wie bisher – die Versammelten nahmen es zustimmend zur Kenntnis.
Der Antrag der PDS-Fraktion, Hartz-IV-Betroffenen ein unentgeltliches Girokonto zu ermöglichen, wurde zur Abklärung an die Sparkasse verwiesen. Verbunden allerdings mit dem Hinweis, die Kommune könne ja nicht dafür aufkommen, dass die Hartz IV- Leistungen zu knapp bemessen seien.“« Die Bericht im Wortlaut.


Pressemitteilung vom 26. April 2007
Freitag 27.04.07, 08:00 Uhr

Unabhängige Sozialberatung – Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose


„Reiches Land – arme Kinder“
„Arme Kinder brauchen Extra-Leistungen für die Schule“
Bochum soll Beziehern von Hartz IV und anderen armen Haushalten zusätzliche Hilfen gewähren, damit sie notwendige Schulmaterialien anschaffen können. Dies fordert die „Unabhängige Sozialberatung“. In Bochum leben mehr als 10.000 Kinder unter 15 Jahren von Hartz IV. Weitere zweitausend sind ähnlich arm, noch mal mehr als zehntausend armutsgefährdet. Am Donnerstag [26.4] sprach sich auch die Nationale Armutskonferenz in Berlin für höhere Leistungen aus, die sich an den tatsächlichen Ausgaben für Kinder orientieren müssten.
„Solange vielen armen Haushalten das Geld für benötigte Schulmaterialien fehlt, sind wir Lichtjahre von gleichen Chancen für alle Schulkinder entfernt“ kritisiert Norbert Hermann von der „Unabhängigen Sozialberatung“. Der Hartz-IV-Satz für Kinder bis 14 Jahre beträgt 207 Euro monatlich – genau so viel wie für Säuglinge. Lt. Regelsatzverordnung sind das: für Essen und Trinken täglich 2,62 Euro (0,57 fürs Frühstück, je 1,02 Euro für Mittag- und Abendessen), für öff. Verkehrsmittel 0,35 Euro täglich, für ein Fahrrad (zum Ansparen) 0,44 Euro im Monat, für Klamotten 14,21 Euro im Monat, für Schuhe 3,66 Euro im Monat, für Sport- und Freizeit (Schwimmbad) 3,76 Euro im Monat, für Spielsachen 0,76 Euro im Monat, für Schreib- und Mal-Sachen 1,63 Euro im Monat. „Dafür bekommt man gerade mal einen Bleistift und einen Radiergummi. Aber was, wenn ein Zirkel oder ein Taschenrechner gebraucht werden?“ erläutert Norbert Hermann von der „Unabhängigen Sozialberatung“. Ein Betrag für Schulbücher ist nicht vorgesehen.
Die „Unabhängige Sozialberatung“ begrüßt die Forderung der Nationalen Armutskonferenz, die Regelsätze für Kinder neu und nach dem tatsächlichen Bedarf festzusetzen. Bis diese Verbesserung auf Bundesebene durchgesetzt sei, könnten die benachteiligten Schulkinder aber nicht warten. „Unsere Kommunalpolitiker müssen hier und heute etwas gegen den Skandal der Kinderarmut tun“, fordert Norbert Hermann von der „Unabhängigen Sozialberatung“. Die Stadt Bochum müsse einen kommunalen Fonds einrichten, aus dem Beihilfen für notwendige Schulmaterialien gewährt werden. „Am 3. Mai tagt der Sozialausschuss, der muss das auf den Weg bringen.“ Mitgliedschaften in Sportvereinen, der Stadtbücherei, Unterricht an der Musikschule, der Besuch von Schwimmbädern und kulturellen Einrichtungen ebenso wie das „Schokoticket“ müssten kostenfrei sein.
Die Unabhängige Sozialberatung verweist dabei auf das positive Beispiel der Stadt Oldenburg. Dort wurde ein kommunaler Lernmittelfonds in Höhe von zukünftig 400.000 Euro eingerichtet, aus dem einkommensschwache Haushalte Ausgaben für die Schule erstattet bekommen. „Was in Oldenburg geht, muss auch in Bochum möglich sein“, fordert Norbert Hermann.
Große Empörung herrschte im Lande, als bekannt wurde, dass Geschenke zur Kommunion, Konfirmation, Jugendweihe (Geburtstag, Weihnachten ohnehin!) auf den Hartz IV-Lebensunterhalt anzurechnen wären.
Aber: Lamentieren über „Armut“ hat nachgerade Hochkonjunktur. Jedenfalls solange es um „unschuldige Kinder“ geht. Werden sie einmal erwachsen, sind sie „selbst Schuld an ihrer Armut“ oder gar das Sozialsystem ist schuld, das sie „durch seine Großzügigkeit daran hindert, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen“. Ein nicht geringer Teil der Armut entsteht durch Armutslöhne. Zwar nimmt in einigen Bereichen die Arbeitslosigkeit ab, die Kinderarmut steigt trotzdem an! Das liegt nicht nur daran, dass ein Teil der ganz Armen von diesem „Wirtschaftswachstum“ ausgenommen bleibt, es liegt auch daran, dass viele, die in Arbeit kommen, davon nicht wirklich leben können.
Auch wenn die Eltern im Erwerb stehen, droht Kinderarmut. Zum Beispiel lebt eine Facharbeiterfamilie mit zwei Kindern und einem durchschnittlichen Einkommen (30.000 Euro, ein Erwerbstätiger) unter dem Existenzminimum – wegen der einseitig übermäßigen Abgaben in die Sozialsysteme. Der auffälligste Befund der zunehmenden Verarmung der Familien in den letzten 40 Jahren ist die Tatsache, dass sich seit 1965 die Geburtenzahl pro Jahr fast halbiert und der Anteil der Kinder in der Armut auf das Sechzehnfache gesteigert haben – obwohl die Müttererwerbstätigkeit um fast 60 Prozent gestiegen ist! Die Zahlen der Sozialhilfeempfänger sind sogar in den Jahren weiter nach oben geklettert, in denen die Zahlen der Arbeitslosen sanken.
Seit Hartz IV explodiert die Zahl der Armen und der armen Kinder. Kein Wunder: Hartz IV (und die gesamte Agenda 2010) hat ja gerade zum Ziel, einen großen Teil der Bevölkerung unter das existenzielle Minimum herabzudrücken. Bei den Kindern schon ausgesprochen erfolgreich: 25 % der Kinder in NRW sind mittlerweile auf Armutsniveau, 27 % in Bochum, über 30 % in Gelsenkirchen. Die Sozialverbände und selbst Brüssel schlagen längst die Alarmglocken – eine Umkehr ist offensichtlich nicht beabsichtigt.

Freitag 27.04.07, 08:00 Uhr
Die Unabhängige Sozialberatung fordert:

„Arme Kinder brauchen Extra-Leistungen für die Schule“

Die Stadt Bochum soll BezieherInnen von Hartz IV und anderen armen Haushalten zusätzliche Hilfen gewähren, damit sie notwendige Schulmaterialien anschaffen können. Dies fordert die „Unabhängige Sozialberatung“ und stellt fest: „In Bochum leben mehr als 10.000 Kinder unter 15 Jahren von Hartz IV. Weitere zweitausend sind ähnlich arm, noch mal mehr als zehntausend armutsgefährdet.“ In einer Pressemitteilung rechnet die Unabhängige Sozialberatung vor, was Kindern täglich zur Verfügung steht: Für Essen und Trinken 2,62 Euro (0,57 fürs Frühstück, je 1,02 Euro für Mittag- und Abendessen), für öff. Verkehrsmittel 0,35 Euro. Monatlich sind vorgesehen: Für ein Fahrrad 0,44 Euro, für Klamotten 14,21 Euro, für Schuhe 3,66 Euro, für Sport- und Freizeit (Schwimmbad) 3,76 Euro, für Spielsachen 0,76 Euro, für Schreib- und Mal-Sachen 1,63 Euro. „Dafür bekommt man gerade mal einen Bleistift und einen Radiergummi. Aber was, wenn ein Zirkel oder ein Taschenrechner gebraucht werden?“ erläutert Norbert Hermann. Ein Betrag für Schulbücher ist nicht vorgesehen. Die Stadt Bochum müsse einen kommunalen Fonds einrichten, aus dem Beihilfen für notwendige Schulmaterialien gewährt werden. „Am 3. Mai tagt der Sozialausschuss, der muss das auf den Weg bringen.“ Die Pressemitteilung im Wortlaut.


Donnerstag 19.04.07, 21:45 Uhr

Reiches Land- Arme Kinder!

reiches-land.gifDie Unabhängige Sozialberatung schreibt: „Große Empörung herrschte im Lande, als bekannt wurde, dass Geschenke zur Kommunion, Konfirmation, Jugendweihe (Geburtstag, Weihnachten ohnehin!) auf den Hartz IV-Lebensunterhalt anzurechnen wären. Wer diese Zuwendungen nicht angibt, macht sich sogar strafbar, stellt die Bundesregierung jetzt fest. Dabei zeigt sich an diesem Beispiel nur wieder deutlich, dass Hartz IV (und die gesamte Agenda 2010) zum Ziel hat, einen großen Teil der Bevölkerung auf ein existenzielles Minimum herabzudrücken. Bei den Kinder schon ausgesprochen erfolgreich: 25 % der Kinder in NRW sind mittlerweile auf Armutsniveau, 27 % in Bochum, über 30 % in Gelsenkirchen Die Sozialverbände und selbst Brüssel schlagen längst die Alarmglocken – eine Umkehr ist offensichtlich nicht beabsichtigt. Und die Agenda 2010 ist noch nicht am Ende – uns stehen noch mehr als zwei harte Jahre bevor. mehr…


Freitag 06.04.07, 14:30 Uhr
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt:

Dramatische Armutsentwicklung

Norbert Kozicki, Sozialwissenschaftler beim Falken Bildungs- und Freizeitwerk NRW beschreibt in einem Beitrag, wie „unbemerkt von der Öffentlichkeit“ die Entwicklung im Bereich des Sozialgesetzbuchs II dramatische Züge annimmt: „Im Monat März des Jahres 2007 lebten bundesweit über 7 117 398 Menschen in den Bedarfsgemeinschaften – so viele wie noch nie. […] Jüngere Menschen und Alleinerziehende sind von dieser Armutsentwicklung besonders betroffen.
In NRW überschritt die Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften unter 25 Jahre erstmalig die 700 000-Grenze: im Monat März 2007 lebten 705 507 junge Menschen unter 25 Jahre von ‚Hartz IV‘. Das entspricht einer Zunahme zum Monat Dezember 2004 von rund 90,8%.
Auch für die Kinder unter 15 Jahre, die in HartzIV-Lebensgemeinschaften aufwachsen müssen, gibt es für NRW einen neuen „Spitzenwert“: im Monat März 2007 462 804 Kinder !! Das entspricht einer Zunahme zum Monat Dezember 2004 von rund 84,2%.
Für die Kinder unter 15 Jahre wird das Sozialgeld ausgezahlt. Wenn die Entwicklung der Zahlen der Sozialgeldempfänger im Zeitraum vom Januar 2005 bis März 2007 für einzelne Städte betrachtet wird, kann man im Ruhrgebiet folgendes feststellen: Bochum verzeichnet für diesen Zeitraum eine Zunahme von 34,7%, Mülheim 31,7% und Herne 29,8%. In NRW betrug diese Zunahme 28,6%, bundesweit 26,9%.“ Der Beitrag im Wortlaut mit Statistiken.


Norbert Kozicki, Sozialwissenschaftler beim Falken Bildungs- und Freizeitwerk NRW:
Freitag 06.04.07, 14:30 Uhr
Ostern 2007: Neue „Spitzenwerte“ im SGBII-/HartzIV-Bereich

Mehr als 7,1 Millionen Menschen bundesweit in Bedarfsgemeinschaften

Unbemerkt von der Öffentlichkeit nimmt die Entwicklung im Bereich des Sozialgesetzbuchs II weiterhin dramatische Züge an: Im Monat März des Jahres 2007 lebten bundesweit über 7 117 398 Menschen in den Bedarfsgemeinschaften – so viele wie noch nie. Bereits im Monat Februar wurde die 7-Millionen-Grenze überschritten.
Auch in Nordrhein-Westfalen verzeichnet die Statistik der Bundesagentur einen neuen „Spitzenwert“: 1 657 446 Menschen in Bedarfsgemeinschaften – so viele wie noch nie. Bezogen auf NRW bedeutet das, dass seit der Einführung von HartzIV im Januar 2005 eine Zunahme von fast genau 26% festgestellt werden muss. Bundesweit liegt diese Zunahme bei fast 27%.
Wenn man/frau diese Zahl von über 1 657 446 Menschen in NRW mit der Zahl der Sozialhilfeempfänger vom Monat Dezember 2004, als letztmalig die „alte“ Sozialhilfe ausgezahlt wurde, vergleicht, kommt man/frau zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der betroffenen Menschen, die auf Sozialhilfe-Niveau leben müssen, um 126 % erhöht hat, und das innerhalb von 2 ¼ Jahren.
Jüngere Menschen und Alleinerziehende sind von dieser Armutsentwicklung besonders betroffen.
In NRW überschritt die Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften unter 25 Jahre erstmalig die 700 000-Grenze: im Monat März 2007 lebten 705 507 junge Menschen unter 25 Jahre von „HartzIV“. Das entspricht einer Zunahme zum Monat Dezember 2004 von rund 90,8%.
Auch für die Kinder unter 15 Jahre, die in HartzIV-Lebensgemeinschaften aufwachsen müssen, gibt es für NRW einen neuen „Spitzenwert“: im Monat März 2007 462 804 Kinder !! Das entspricht einer Zunahme zum Monat Dezember 2004 von rund 84,2%.
Für die Kinder unter 15 Jahre wird das Sozialgeld ausgezahlt. Wenn die Entwicklung der Zahlen der Sozialgeldempfänger im Zeitraum vom Januar 2005 bis März 2007 für einzelne Städte betrachtet wird, kann man im Ruhrgebiet folgendes feststellen: Bochum verzeichnet für diesen Zeitraum eine Zunahme von 34,7%, Mülheim 31,7% und Herne 29,8%. In NRW betrug diese Zunahme 28,6%, bundesweit 26,9%.
Die ungekrönten „Spitzenreiter/innen“ dieser gesamten Negativentwicklung stellen die Alleinerziehenden dar: Seit dem Monat August des Jahres 2005, als erstmalig die Zahlen der betroffenen Alleinerziehenden in der Bundesstatistik ausgewiesen wurden, stieg die Anzahl der Alleinerziehenden im HartzIV-Bezug bundesweit um 35,9% und in NRW um 50,8%.
Selbst diese prozentualen Steigerungsraten werden in einzelnen Städten noch übertroffen, z.B. in Gelsenkirchen stieg die Zahl der HartzIV-betroffenen Alleinerziehenden von April 2005 bis März 2007 um 57,2%.
Diese hier vorgelegten Zahlen (im Anhang sind die entsprechenden Tabellen zu finden) beweisen, dass die Menschen, die nach Leistungen des Sozialgesetzbuchs II leben müssen, von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt sind. Der angebliche positive Trend der Arbeitsmarktentwicklung kommt im HartzIV-Bereich überhaupt nicht zur Geltung.

Statistik: SGB II- Sozialgeldempfänger/Nicht-erwerbsfähige Hilfebedürftige
Statistik: SGB II – Anzahl der Bedarfsgemeinschaften
Statistik: SGB II – Personen in Bedarfsgemeinschaften


Montag 02.04.07, 18:00 Uhr

Hartz IV-EmpfängerInnen wird wirklich nichts geschenkt

„Schreckensmeldungen aus anderen Orten“ und Hinweise über die Praxis der Bochumer ARGE haben die Unabhängige Sozialberatung zu folgender Mitteilung veranlasst: »Für Unmut und Unruhe unter Betroffenen haben Meldungen gesorgt, dass die ARGEn Geldgeschenke zur Konfirmation und Kommunikation der Gesetzeslage entsprechend anrechnen müssten, sobald die „Schongrenze“ in Höhe von 50 Euro jährlich überschritten sei. Das hat auch Staatssekretär Andres vom Bundessozialministerium bestätigt. Solche Geldgeschenke (oder Sachgeschenke, die vermuten lassen, dass es sich um Wertgegenstände handeln könnte, wie eine Münzsammlung oder ein Schmuckstück von erheblichem Wert) müssten in jedem Falle angegeben werden. Sie könnten auch nicht auf das Schonvermögen von Kindern in Höhe von 3.100 Euro zugerechnet werden (falls nicht schon vorhanden), da sie ja während des Bezuges von Hartz IV-Leistungen erst zufließen.
Eine Welle des Protestes ging durch das Land, unter anderem getragen von Gliederungen des Diakonischen Werkes. mehr…


Sonntag 04.03.07, 17:00 Uhr
VHS und DGB bieten Crash-Kurs zu Hartz IV an:

„Mein Recht auf Sozialleistungen und Arbeitslosengeld II“

Am Dienstag, 6. März, startet um 18.30 Uhr ein sechswöchtiger kostenfreier Kurs an der Volkshochschule, der Wissenswertes über die aktuellen Sozialgesetze vermittelt. Auch das Problem zu hoher Wohnungskosten wird besprochen.
In der Einladung heißt es: „Die neuen Sozialgesetze haben viel Verunsicherung gebracht. Folge: Viele Menschen nehmen ihnen zustehende Leistungen, auch ergänzende laufende Unterstützung oder einmalige Leistungen, nicht in Anspruch. Andere lassen sich in Abhängigkeiten von Angehörigen oder Partner/innen drängen, ohne tatsächlich gegenüber diesen Menschen einen Unterhaltsanspruch zu haben.“
Kursleiter ist Norbert Hermann von der Unabhängigen Sozialberatung in der Rottstr. Eine Anmeldung ist erforderlich bei der VHS über Tel. 910 – 1555 unter der Kursnr. 14000.


Sonntag 04.03.07, 10:00 Uhr

Armes Bochum

Dieter Greese, der Vorsitzender des Kinderschutzbundes NRW, hat am 12.2. auf dem „Blauen Heinrich“, dem Neujahrsempfang des Bochumer DPWV, davon gesprochen, dass ca. 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Bochum in Verhältnissen unter der Armutsgrenze leben.
Die Unabhängige Bochumer Sozialberatung hat die offiziellen Zahlen der Stadt und der Bundesagentur für Arbeit durchforstet und kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl noch höher liegt. Das statistische Jahrbuch der Stadt Bochum für 2006 weist eine Zahl von 43.787 Kindern unter 15 Jahre aus. Nach den Angaben der aktuellen Hartz IV-Statistik (2/07) der Bundesagentur für Arbeit leben in Bochum 10.530 Kinder unter 15 Jahren von Hartz IV. Das sind schon mehr als 24 Prozent. Hinzu kommen noch weitere arme Kinder, die statistisch nirgendwo auftauchen. mehr…


Samstag 03.03.07, 18:00 Uhr

Wie man aus mehr weniger machen kann (oder umgekehrt?)

3.600 joblose Menschen weniger gibt es in Bochum als noch vor einem Jahr, frohlockt die Bochumer Arbeitsagentur. Und das, obwohl in Bochum in den letzten Jahren tausende Arbeitsplätze verloren gingen. Im letzten Jahr etwas weniger – nur 0,3 Prozent von zuletzt 110.411 Stellen (laut Bericht der Bundesagentur für Arbeit „Kreise und Träger“ vom Februar 2007 – Stand:10/2006) „Wo sind sie geblieben?“ kann mensch da nur fragen. Arbeit gefunden haben können sie nicht, davon ist eher weniger vorhanden. Bleibt nur noch:
1. einfach sterben; ist schlecht. Besser wegziehen.
2. 1-Euro-Job. Bereinigt die Statistik, zählt aber nicht als sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz – da sollte doch mal nachgebessert werden!
3. Arbeitsgelegenheit in sozialversicherungspflichtiger „Entgeltvariante“ – ist besser; i.d.R. mehr Kohle, deutlich höhere Rentenbeiträge, aber: kostet den Bund, entlastet die Kommunen. Nix für die Arbeitsagentur. mehr…


Montag 26.02.07, 08:00 Uhr
Urheberstreit um ARGE-Widerspruchsstelle

Unabhängige Sozialberatung: Wir sind längst die Ombudsstelle!

Am 23. Januar hat der Sozialausschuss einstimmig beschlossen, die Möglichkeit der Einrichtung eines Beschwerdeaussschuses bei der ARGE abklären zu lassen. Nun streiten die Soziale Liste („Antrag bereits am 15.9. 2005 gestellt“) die CDU („einstimmig aus Antrag der CDU beschlossen“) in Presseerklärungen, wer eigentlich erfolgreich die Einrichtung einer Beschwerdestelle für Hartz IV – Opfer gefordert hat. Die Unabhängige Sozialberatung meint dazu u.a.: »Wir haben uns damit nicht lange aufgehalten, sondern tun es einfach – seit nunmehr zwei Jahren. Seit Herbst 2006 stellen wir uns auch zur Verfügung für die Aufgabe einer „Ombudsstelle“, zu der wir uns durch unsere verlässliche und unnachgiebige Arbeit entwickelt haben.« Weiter verweist die Unabhängige Sozialberatung darauf: »Erfolge haben wir vorzuweisen in der Frage der unrechtmäßigen Einsichtnahme in Kontoauszüge und bei der kürzlichen Reduzierung der Wochenstundenzahl für 1-Euro-Jobber (jetzt entsprechend den Durchführungsempfehlungen 30 Std., zuvor 38 Std., 5 – Bundesdurchschnitt: 28 Std.). mehr…


Pressemitteilung vom 25. Februar 2007
Montag 26.02.07, 08:00 Uhr

Unabhängige Sozialberatung – Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose

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Widerspruchsstelle ARGE

Nun streiten schon Soziale Liste und CDU um die Ehre, wer zuerst die Einrichtung einer Beschwerdestelle für Hartz IV – Opfer gefordert hat. Wir haben uns damit nicht lange aufgehalten, sondern tun es einfach – seit nunmehr zwei Jahren. Seit Herbst 2006 stellen wir uns auch zur Verfügung für die Aufgabe einer „Ombudsstelle“, zu der wir uns durch unsere verlässliche und unnachgiebige Arbeit entwickelt haben.
Neben den erwähnten 400 Hauptsache-Klagen gab es ein Mehrfaches davon an Eilanträgen, weil die ARGE die notwendigen Zahlungen nicht geleistet hat und die Menschen in unmittelbare existentielle Not geraten sind. Eine ähnlich hohe Zahl an Klagen gab es bereits wegen unrechtmäßiger Untätigkeit der ARGE.
Zu den bereits weit über 3.000 Widersprüchen kommen Monat für Monat etwa 250 neu hinzu – 46 % davon werden zu Gunsten der Betroffenen entschieden. Hinzurechnen muss man die viel höhere Zahl von „Beschwerden“, durch die ohne Beschreitung des Rechtswegs offensichtliches Unrecht zügig auf dem „kleinen Dienstweg“ erledigt wird. Die Bescheide der ARGE sind immer noch in unglaublicher Zahl fehlerhaft. Hinzu kommt offen extralegales Handeln, beispielsweise bei der Kürzung der Heizkosten und dem Umgang mit sogenannten „eheähnlichen Verhältnissen“ oder der Leistungsverweigerung, wenn Betroffene aus psychischen Gründen oder wegen des Vorliegens einer zu isolierenden Infektionskrankheit zu einer Krankenhausbehandlung eingewiesen werden. Letzteres ist durch unsere Intervention neuerdings der Rechtslage entsprechend geändert worden. Ähnliche Erfolge haben wir vorzuweisen in der Frage der unrechtmässigen Einsichtnahme in Kontoauszüge und bei der kürzlichen Reduzierung der Wochenstundenzahl für 1-Euro-Jobber (jetzt entsprechend den Durchführungsempfehlungen 30 Std., zuvor 38 Std., 5 – Bundesdurchschnitt: 28 Std.). *)
Allerdings kann diese Tragik nicht alleine der ARGE angelastet werden. Schon die von der berüchtigten Software „A2LL“ vorgegeben Bescheide sind „unter aller Sau“, wie wir bereits vor zwei Jahren in einem Schreiben an den Leiter der Arbeitsagentur, Herrn Wolterhoff, festgestellt haben. Inzwischen hat sich auch das Bundessozialgericht dieser Einschätzung angeschlossen, wenn auch mit einer moderateren Wortwahl: („zweifelhafte Bescheidgestaltung“), aber genau so vernichtend: bis Ende Juni müssen die Bescheide den Rechtsvorschriften entsprechen.
Auch ist das Hartz IV – Gesetz (SGB II) in sich widersprüchlich und negiert Vorschriften der allgemeinen Sozialgesetzgebung und des Grundgesetzes. Allein die Regelleistung für unter 14jährige in Höhe von 207 Euro monatlich ist sicher nicht bedarfsdeckend und entwürdigend. Der Weg durch die Instanzen bis zum Verfassungsgericht kann aber noch lange dauern – bis dahin hat das Elend seine Wirkung vollbracht! Die Kommune hätte die Möglichkeit, auf dem Weg von nicht rückzahlbaren Darlehen oder durch Zuschüsse des Sozialamtes beispielsweise für Schulbedarf oder für ein Sozialticket die gröbste Not zu lindern.
Es reicht auch nicht, wenn der einzurichtende Beschwerdeausschuss nur die abgelehnten Widersprüche nochmals überprüft. Auch die 46 % „abgeholfenen“ müssen angeschaut werden, um zu erkennen, wo die ARGE durch Vernachlässigung ihrer Ermittlungspflicht oder durch unzureichende Kenntnisse der Sachbearbeitungen immer wieder für Ärger sorgt. Eine ausgeuferte Bürokratie und zusätzliche Statistik-Aufgaben erfordern auch unbedingt eine Personalaufstockung.
Nein, nicht die vielen Widersprüche und Klagen machen uns Sorgen – das ist der in unserem Rechtssystem vorgesehene Weg, wie Beratungsstellen, Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen und Gerichte den Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen können und weiterhin als Organe der Rechtspflege im weitesten Sinne zur Rechtsentwicklung beitragen können.
Sorge machen uns die vielen, vielen Menschen, die sich einschüchtern lassen und nicht den Weg zu einer Beratungsstelle oder in eine Anwaltskanzlei finden. Was wir jetzt sehen ist nur die Spitze des Eisbergs.
Solange das Unrecht weiterbesteht, kann der von er CDU gewünschte Friede nicht einkehren!

*) Links zu: Probleme 1-Euro-Jobs:
http://www.iab.de/asp/internet/dbdokShowOhne.asp?pkyDoku=k070126a04 (Einsatz/Gestaltung von 1-Euro-Jobs)

http://doku.iab.de/discussionpapers/2007/dp0807.pdf
(Verdrängung durch 1-E-Jobs)


Pressemitteilung vom 23. Februar 2007
Samstag 24.02.07, 08:30 Uhr

Unabhängige Sozialberatung – Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose

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Ein-Euro-Jobber und 1. Arbeitsmarkt

1. bundesweit und auch in Bochum wird davon gesprochen, dass ca. 15 % der 1-Euro-JobberInnen im Anschluss an eine solche „Maßnahme“ eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fänden. Das entspricht nicht unseren Erfahrungen aus den Einzelberatungen, Volkshochschulkursen und Seminaren und Vorträgen bei Trägern solcher Maßnahmen. Allein in dieser Woche wurden so mehr als 25 Betroffene über ihre Rechte unterrichtet. Ergebnis: zwei davon im Anschluss „in Arbeit“, allerdings niemand davon durch Aktivitäten der ARGE – von daher käme nie etwas.

2. Bei der angegebenen hohen „Vermittlungsquote“ müssen wir natürlich fragen:

a) wie viele dieser „Jobs“ sind der ARGE oder dem 1-Euro-Job zu verdanken?

b) Was sind das für Jobs, entsprechen sie der Qualifikation und der früheren Tätigkeit dieser Menschen, oder führen sie volkswirtschaftlich gesehen gerade zu einer Vernichtung dieser Qualifikation und persönlich zu einer Beraubung dieser Qualifikationen, die oftmals mit viel Zeitaufwand und Geldeinsatz, nicht selten auch aus eigenen Mitteln, aufgebaut wurden?

c) Kann man überhaupt leben von diesen Jobs und sich und seine Familie ernähren, oder handelt es sich um Jobs mit Armutslöhnen, zu denen es noch ergänzenden/ aufstockenden Geldes nach Hartz IV bedarf?

d) Wie lange wird der Job bestehen bleiben? Viele ARGEn unterscheiden nicht, ob der Job einen Monat dauert oder ein Jahr.

e) Sind diese Jobs tatsächlich Zusätzliche, oder sollten sie ohnehin eingerichtet werden?

f) Sind diese Jobs vielleicht sogar billiger Ersatz für zuvor gestrichene reguläre Arbeitsplätze? Nach einer gerade veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) ist bei Einrichtungen , die 1-Euro-JobberInnen beschäftigen, gleichzeitig eine übermäßig hohe Entlassungsbereitschaft festzustellen. Das hat dazu geführt, dass „anständige Einrichtungen“, das sind je nach Ort unterschiedliche, auch mal die AWO oder die Diakonie, erklärt haben, in Zukunft davon absehen zu wollen, weiterhin 1-Euro-Jobber zu beschäftigen. Man würde sich ja sonst selbst den Boden unter den Füßen wegziehen.

Statistik geschönt

Auf jeden Fall wird die Statistik dadurch geschönt, wie auch durch die 1-Euro-JobberInnen überhaupt. Sie werden nämlich nicht mehr als erwerbslos geführt. So haben wir erlebt, dass kurz vor Jahresende noch viele Kollegen und Kolleginnen kurzfristig überraschend in Maßnahmen oder Fortbildungen kamen, denn das verbliebene Geld musste ja vor Jahresende noch ausgegeben werden.

1-Euro-Jobs – Entlassungen – Billigarbeitskräfte

Diese Kette wird deutlich sichtbar am Beispiel der Schließung der Schul-Horte und der Einrichtung der „OGS – Offene Ganztags-Schule“: Erst werden Erzieher und Erzieherinnen auf die Strasse gesetzt, dann im 1-Euro-Bereich untergebracht, schließlich für kleines Geld als „Schulassistenzen“ usw. wieder eingestellt. Ermöglicht wird das auch durch Tarifverschlechterungen im öffentlichen Bereich: so können jetzt Diplom-SozialpädagogInnen in Vollzeit für 1.600,00 (eintausendsechshundert) brutto eingestellt werden. Das bekam man früher locker für eine halbe Stelle.

Im Altenpflegebereich ist gesetzlich ein Anteil von 50 % examinierten Kräften vorgeschrieben. Fach- und Sozialverbände halten das für viel zu wenig. Ohnehin wird die Arbeit in allen Bereichen immens verdichtet. – Aber selbst diese Quote kann mit Ausnahmegenehmigung noch unterschritten werden – hier springen auch 1-Euro-JobberInnen ein. Immer wieder gibt es Klagen, sie würden für nicht zusätzliche oder sachfremde Tätigkeiten eingesetzt. O.g. Studie des IAB bestätigt das.

Ungesetzliches Vorgehen

Manche der Betroffenen sind natürlich froh, wieder sozial eingebunden zu sein und sich sinnvoll einbringen zu können. Viel andere wiederum sind nur verärgert. Anfangs hiess es in Bochum: „solche Jobs nur auf freiwilliger Basis“! Nichts mehr davon. Auch die gesetzlichen Vorgaben werden missachtet, nicht nur in Bezug auf die „Zusätzlichkeit“: der „Zusatzjob“ soll das Letzte sein in einer Kette von Massnahmen, die Menschen in Arbeit zu vermitteln. Persönlich müssen sie der Eignung und der individuellen und familiären Situation der Betroffenen entsprechen und auf dauerhafte „Eingliederung“ hinführen. Voraussetzung dafür wäre, dass in gemeinsamer Arbeit das „Profil“ der Betroffenen erstellt würde: was können diese Menschen, und was könnten sie können und was täten sie gerne. Wo könnte ihr Platz in der Gesellschaft sein? Fest gehalten würde das Ergebnis in einer sog. „Eingliederungsvereinbarung“ – in gemeinsamen Beratungen sorgfältig erstellt und gemeinsam getragen.

In vielen uns bekannten Fällen ist in dieser Hinsicht gar nichts passiert, ansonsten werden nur die vorgefertigten Vordrucke der Bundesagentur für Arbeit verwendet. Weite Teile davon sind fest vorgegeben und durch die ArbeitsvermittlerInnen überhaupt nicht änderbar.

Kommen die Betroffenen selbst mit Vorschlägen bezüglich ihrer beruflichen Zukunft, so heißt es oft: „keine Zeit, unterschreiben Sie das, sonst gibt es eine Strafe.“

Dieses Vorgehen und das Instrument der erzwungenen Vereinbarung überhaupt ist inzwischen sogar von einem Richter des Bundessozialgerichts selbst für ungesetzlich erklärt worden. Wir können nur allen Betroffen anraten, sich über ihre Rechte zu informieren und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.


Samstag 24.02.07, 08:30 Uhr
Neues aus dem Statistik-Frisier-Salon der Arbeitsagentur:

Geschönte 1-Euro-Job-Bilanz

Die Arbeitsagentur schreibt in einer Pressemitteilung vom 19. 2. 2007, dass sie im Jahr 2006 jedeN siebenten 1-Euro-JobberIn in sozialversicherungspflichtige Arbeit vermittelt habe. Das müssten etwa 700 sein – fast so viele, wie insgesamt Hartz IV in 2006 verlassen haben. TrägerInnen von Maßnahmen und die Unabhängige Sozialberatung können aus ihrer Erfahrung diese Zahl nicht nachvollziehen. Im Jahr 2005 waren es – laut Antwort auf Fragen der Sozialen Liste im Rat zu Ein-Euro-Jobs vom 12. 1. 2006 – nur etwa 50 (einschließlich der nicht versicherungspflichtig Tätigen!)
Zwar klingt der Arbeitsmarktbericht für Bochum im Januar 2007 ganz positiv, allerdings war die Entwicklung der Beschäftigung und die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Bochum bis Oktober 2006 insgesamt leicht rückläufig. Siehe Bericht.
Die Veröffentlichungen der Bochumer Arbeitsagentur erweisen sich bei näherer Betrachtung eher als Desinformation. „Interessant wäre doch zu erfahren, was unter’m Strich herauskommt, fordert die „Unabhängige Sozialberatung“ in einer Presseerklärung. mehr…