Donnerstag, 22. 11. 18 Uhr HDKJ; Humboldtstraße/ nähe IG Metall-Haus,
Armut und Reichtum in Deutschland
Mit Jürgen Boekh und Prof. E.U. Huster/ FH Bochum
1996 hatte Prof. Huster in einem Aufsatz zum Band "Geld ist genug da" – Reichtum in Deutschland" das DIW (Deutsches Institut der Wirtschaft) sozusagen als Kronzeugen zitiert: "Nachdem die Unternehmen in der ersten Hälfte der 80er Jahre entlastet worden sind, in der zweiten Hälfte der 80er Jahre die mittleren und höheren Einkommensgruppen überdurchschnittlich begünstigt wurden, hatten zu Beginn der 90er Jahre die unteren Einkommensgruppen den Großteil der Last – relativ zu ihrem Einkommen – zu tragen...In den 80er Jahren hat die Finanzpolitik die Einkommen über die marktmäßige Entwicklung hinaus zugunsten der Unternehmen bzw. der Gewinneinkommensbezieher umverteilt. Dies wurde begründet mit der Notwendigkeit, angebotsseitig die Bedingungen für Investitionen in Westdeutschland zu verbessern. Dafür, dass dies erfolgreich war, gibt es keine Belege."
Das war also vor der Wahl der rot-grünen Bundesregierung und Huster ging möglicherweise davon aus (wie sehr viele soziale Initiativen und Betroffene auch – die OrganisatorInnen dieser Veranstaltung eingeschlossen), dass bei Wahl von rot-grün zwei Jahre später sich an diesen Entwicklungen zumindest ein Quäntchen ändern lasse.
Ohne zuviel der Veranstaltung vorweg zu nehmen, so wird hier doch kein großes Geheimnis verraten: diese Hoffnungen auf Rot-Grün waren mehr als blauäugig!
Die Regierung selbst stellt fest, dass z.B. die soziale Ausgrenzung gewachsen ist, dass die Einkommen und Vermögen weiterhin ungerecht verteilt sind, dass z. B. die Abhängigkeit von der Sozialhilfe weiter gestiegen ist.
Nicht nur die Einkommensungleichheit zwischen Ost und West ist unverändert hoch, sondern die Verteilung von Besitz und Privatvermögen ist skandalöser denn je.
So konzentrierten sich im Jahr 2000 25,7 % des gesamten Privatvermögens auf 0,5 % aller Personen in Deutschland.(Diese Zahlen allerdings nicht aus dem Armutsbericht, sondern aus der FR v. 25.9. 2001)
"...nun gleichzeitig noch den Spitzensteuersatz zu senken, ist brutal und primitiv!"
der "Armuts- und Reichtumsbericht" der rot-grünen Bundesregierung hat neben anderen Defiziten eine auffallende Lücke: kein Wort zur Ursachenanalyse von steigender sozialer Ungleichheit.
Dabei liegen die Ursachen auf der Hand: es ist die aus der Kohlschen Regierungszeit fortgesetzte Politik der Steuerentlastung zugunsten der Wirtschaft und die Sparpolitik im Haushalt! Diese Umverteilung setzt der sowieso schon einseitigen Aneignung des Reichtums durch den Produktionsprozess die Krone auf. (Früher wurde der ideologisierende Begriff "soziale Marktwirtschaft" dadurch gerechtfertigt, dass Sozial- und Steuerpolitik angeblich gegensteuern bzw. ausgleichen würden – gegen die uferlose Einseitigkeit der Kapitalverwertung. Aber das ist Schnee von mindestens vorvorgestern.)
Inzwischen wird die international verbreitete neoliberale Grundidee auch von der rot-grünen Regierung praktiziert, wonach mehr Ungleichheit, insbesondere niedrige Löhne und Sozialleistungen notwendig sind, um die Unternehmen für den internationalen Konkurrenzkampf zu stärken.
Aktuell äußert sich der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Borchert: "Durch die steigenden Verbrauchssteuern wird die progressive Einkommensteuergerechtigkeit völlig ausgehebelt. Nun gleichzeitig noch den Spitzensteuersatz zu senken, ist brutal und primitiv." (FR., 10.10.01)
Über die Hintergründe, Folgen und Alternativen zu dieser Politik – auch bezogen auf unsere Region – soll diskutiert werden.
Veranstaltet vom Bochumer Bündnis gegen Sozialabbau