Der Rundgang hat uns hier zu diesem Ehrenrundplatz geführt, der von der Stadt Bochum 1947 geschaffen wurde. Rechts und links von mir sind, mitten in grüner Bepflanzung acht Kissensteine eingebettet, die die Namen und Lebensdaten von Arbeitern enthalten, die unter dem Fallbeil oder in Konzentrationslagern den Tod fanden.
Die Steele hinter mir wurde 2008 von der VVN-BdA gestiftet. Deren Inschrift lautet: „Zum Gedenken an die ermordeten Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime.“
Hinweisen möchte ich auch auf die Ehrenstätte für politisch Verfolgte um das Grab von Fritz Husemann mit 19 Urnengräbern rund 200 Meter von hier.
Diese Gräber verweisen darauf: Widerstand gegen den Faschismus und Krieg hat es in Deutschland kontinuierlich gegeben. Auch wenn diejenigen, die Widerstand leisteten oder in anderen Formen ihre Gegnerschaft zum Faschismus zeigten eine Minderheit darstellten, hat ihr Einsatz bis heute eine hohe politische und moralische Bedeutung.
Neben dem Arbeiterwiderstand gab es auch den
christlichen Widerstand,
den Widerstand gegen Hitler aus konservativer Gesinnung,
den jüdischen Widerstand,
den späten Widerstand in einigen militärischen Kreisen.
Zu nennen ist auch der passive Widerstand und die vielfältigen anderen Formen der Gegnerschaft zum Faschismus und später auch zum Krieg.
Aber: Heute erleben wir aber wie der Widerstand der Arbeiterbewegung vielfach aus der gesellschaftlichen Wahrnehmung verdrängt – teilweise verfälscht wird.
Lasst mich deshalb etwas zu dem Widerstand der Gewerkschaften und der Arbeiterparteien sagen. Diese Gedenkstätten bieten einen guten Anlass dafür.
Diese 27 Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten wurden von 1941 bis Ende 1944 in den Konzentrationslagern
Auschwitz, Buchenwald, Dachau, Oranienburg, Neuengamme und Ravensbrück ermordet.
Fritz Husemann starb 1936 im KZ Esterwegen an den Folgen von Schussverletzung, die die KZ-Bewacher ihm zu gefügt hatten.
Sie waren – wie viele andere – in Bochumer Betrieben und Zechen verankert und kämpften meist auch bereits schon vor 1933 gegen Hitler, die NSDAP, SA und SS.
Die Angehörigen der Arbeiterbewegung waren als erstes das Ziel von Terror, Verfolgung und Gewalt der Nazis. Sie wurden in Bochumer Folterkellern wie der Gerther Hegelschule, den Pluto-Garagen oder dem früheren KZ Gibraltar gequält und geschlagen. Einige von ihnen starben an den dabei erlittenen Verletzungen.
Die Gewerkschaften und Arbeiterparteien wurden verboten, ihre Mitglieder entrechtet.
Doch Widerstand gegen den Faschismus gab es auch in den folgenden Jahren. Schwerpunkte waren nach wie vor die Betriebe der Schwerindustrie an Rhein und Ruhr. Immer wieder wurden große Widerstandszellen gebildet und der Versuch unternommen, Aufklärung über das Naziregime zu leisten und den eigenen Zusammenhalt zu stärken.
Im Herbst 1934 und 1935 wurden beispielsweise große Gruppen von Widerstandskämpfern entdeckt, die in Betrieben in Bochum, Essen und Dortmund sowie deren Umfeld illegale Schriften und Flugblätter verbreitet hatten.
Mehrere hundert Antifaschisten wurden „im Namen des Volkes“ vom Oberlandesgericht Hamm zu langjährigen Haftstrafen verurteilt
Viele kamen in Konzentrationslager.
Widerstandskämpfer wie Karl Springer aus Bochum, Richard Greschok und Emil Skeris aus Herne wurden schon bei der Vernehmung von der Gestapo im Polizeipräsidium zu Tode geprügelt,
Der Widerstand in den Betrieben hielt auch in den Kriegsjahren an. Auf einem dieser Kissensteine steht der Name von Josef Langner. (Hinweis auf Kissenstein). Josef Langner wohnte in Riemke und arbeitete auf dem Bochumer Verein. Er gehörte einer Widerstandsgruppe im Stahlwerk II. Diese hatte intensive Kontakte zu Zwangsarbeitern. Die Nachrichten von abgehörten ausländischen Sendern, z. B. über das Vorrücken der sowjetischen Streitkräfte, waren vor allem für die Zwangsarbeiter wichtig und Stärkte ihren Lebensmut.
Ende 1942 wurden Arbeiter die dieser Gruppe angehörten von der Gestapo verhaftet. In der Verhandlung vor dem Volksgerichtshof wurde am 17. September 1943 Josef Langner (Bochum-Riemke) zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet.
Den Kommunisten Moritz Pöppe und Johann Schmitfranz gelang es die größte Widerstandsgruppe während des 2. Weltkrieges in Bochum aufzubauen. Die Angehörigen dieser Gruppe verbreiteten Nachrichten von BBC und Radio Moskau. Sie sammelten von alliierten Flugzeuge abgeworfene Flugblätter, gaben diese weiter und verbreiteten selbstgefertigte Handzettel mit dem Text: „Nieder mit dem Bluthund A. Hitler“.
Die Gruppe wurde von der GESTAPO entdeckt. Pöppe und Schmidtfranz zum Tode verurteilt und Ende 1944 hingerichtet. Ihre Kissensteine sind hier zu sehen.
Diese Widerstandskämpfer und viele andere, die ihre Idealen und Überzeugungen treu blieben, bezahlten ihren antifaschistischen Einsatz mit dem Leben. Aber ihr Tod und ihre Taten sind nicht vergessen. Ihr Vermächtnis lebt in uns fort. Ohne die Widerstandskämpfer, die toten und die überlebenden, ohne die Tausenden, die 1945 den Schwur im befreiten KZ Buchenwald leisteten, „den Nazismus auszurotten“, wäre der Neubeginn schwer möglich gewesen. Ihr beispielhafter Kampf war und ist ein wesentlicher Grundfeiler für den Wiederaufbau nach der Zeit von Faschismus und Krieg.
Deshalb möchte ich auch von dieser Stelle die Forderung unterstützen, den 8. Mai dauerhaft zum Feiertag der Befreiung zu erklären.
Liebe Anwesende!
Nach wie vor gilt Brechts Warnung, die er im Schlusssatz des Epilogs zum Theaterstück „Der unaufhaltsame Aufstieg des Arturio Ui formuliert: „Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert … Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.“
Brecht drückte damit aus, dass die Kräfte, die den Faschismus an die Macht brachten, weiterhin existent sind. Und ich füge hinzu bis in die heutige Zeit.
Und – wie aktuell dies ist zeigt die jüngste Entwicklung in unserem Land. Flüchtlingsheime werden angegriffen, Übergriffe auf Andersdenkende, Politiker und Wahlkämpfer nehmen drastisch zu. Es kann schlimmste Hetze gegen Geflüchtete und Andersdenkende verbreitet werden.
Währenddessen wird die „Alternative für Deutschland“ (AfD) zunehmend zum Sammelbecken für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.
An vielen Orten ist die AfD Zentrum der extremen Rechten geworden. Abgeordnete der AfD verbreiten Nazi-Parolen und hetzen gegen Andersdenkende.
Die AfD und mit ihr der Rechtsruck sind ist zu einer ernsthaften Gefahr für die Demokratie, für uns alle geworden!
Daran am Vorabend von wichtigen Wahlen zu erinnern, ist nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern sicherlich auch im Sinne der Menschen an die wir uns an dieser Stelle erinnern.
Nie wieder Faschismus! Stoppt die Kriege!
Günter Gleising, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Kreisvereinigung Bochum