Mittwoch 18.04.07, 22:30 Uhr

Warum es wichtig sei, solche Theaterstücke zu schreiben wie „Memmingen“ und „Asyl“


bettina-fless.jpgDie Regisseurin, Autorin und Schauspielerin Bettina Fless ist am 13. April gestorben. Sie gehörte unter der Intendanz von Frank-Patrick Steckel von 1992 bis 1995 zum Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Hier inszenierte sie u.a. 1993 ihr eigenes Stück „Asyl, in der ersten Welt“. Hierzu und ihrem Stück „Memmingen“ schrieb sie 1992 in der Süddeutschen Zeitung: »Die Frage, warum es wichtig sei, solche Theaterstücke zu schreiben wie „Memmingen“ und „Asyl“ apportiert bereits die Antwort, die nur lauten kann: Warum sollte es nicht wichtig sein? Auch wenn Stücke zeitgenössischer Autoren dem Kleist‑Vergleich nicht standhalten, bedürfen sie und ihre Aufführungen keiner Rechtfertigung, keiner Verteidigung ihrer Haut. Diese Rechtfertigung ist vielmehr von denen zu fordern, denen die Verbreitung und Realisation eines Theatertextes obliegt, und die dieses nicht selten mit der gleichen Emphase betreiben, mit der man Quittungen für die Steuer zusammensucht.
„Memmingen“ und „Asyl“ sind Eingriffe in einen vorschnellen und gekonnt manipulierten Prozeß der Bewertung gegenwärtiger Ereignisse. Sie konfrontieren mit der Unfähigkeit, sich den anderen vorzustellen, mit der Blindheit der Ignoranz und denn Leugnen des anderen. Für die meisten von uns gilt, daß jede Konfrontation nur zu einer Rückstrahlung auf uns selbst führt. Das andere wird auf dasselbe zurückgeführt. Schauspiele oder Gerichte, in denen sich das andere zeigen könnte, werden zu Spiegeln.«