Bereits seit drei Jahren laufen die Vorbereitungen für die Umsetzung der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen. Heute nun tritt sie in Kraft und die Gewerkschaft Verdi schreibt dazu in einer Pressemitteilung: »Viele Perspektiven auf diesen Paradigmenwechsel der Landesregierung wurden bereits betrachtet, doch die Sicht der Beschäftigten kommt bisher zu kurz – sie bleibt mahnend bis besorgt. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt das Ziel einer flächendeckenden, wohnortsnahen und bedarfsorientierten Krankenhausversorgung grundsätzlich, befürchtet jedoch aufgrund erheblicher Mängel, dass der Systemumbau auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgt.
„Der Status quo ist bereits jetzt von Arbeitskräftemangel und Überlastung geprägt. Im gesamten Krankenhauswesen fehlt Personal, und die Betreuung während der Ausbildung lässt zu wünschen übrig. Es braucht dringend Veränderungen, aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten“, mahnt Susanne Hille, Fachbereichsleiterin Gesundheit bei ver.di in NRW. „Wir fordern, dass die Versorgungssicherheit garantiert wird. Neue Strukturen müssen erst tragfähig sein, bevor alte abgebaut werden – egal, ob im ambulanten oder stationären Bereich. Sonst entstehen Versorgungslücken, die sowohl Beschäftigte als auch Patientinnen und Patienten direkt treffen.“
Die Planung müsse daher das Gemeinwohl, die Interessen der Patientinnen und Patienten und der Beschäftigten verknüpfen, so Hille weiter. Dies setze eine auskömmliche Finanzierung aller Krankenhausleistungen voraus – aktuell sei das jedoch nicht der Fall. In den letzten vier Jahren wurden in NRW bereits 17 Krankenhäuser geschlossen, weitere 90 Kliniken sind von Schließung bedroht.
Paula Adam, Uniklinikum Essen, examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin: „Durch die Generalisierung kommt die Ausbildung in der Kinderkrankenpflege leider oft zu kurz. Das verschärft sich durch die Krankenhausplanung. Das wird direkte Auswirkung auf die Attraktivität der Ausbildung haben und führt mittelfristig zu Problemen in der Patientenversorgung.“
Bayram Amil, Gesamtleitung Transport- und Begleitdienst, Städtisches Klinikum Solingen: „Die Menschen im Service werden oft vergessen, weil sie nicht direkt am Bett arbeiten. Ihre Arbeit ist aber nicht weniger wert – ohne sie funktioniert das System nicht. Leider finden wir hier eine Zweiklassengesellschaft, weil Beschäftigte nach unterschiedlichen Tarifen bezahlt werden und damit monatlich fast 900 Euro Differenz im Geldbeutel entsteht.“
Martina Thieme, Krankenschwester ZNA, Uniklinikum Düsseldorf: „Klinikschließungen sind in der Notaufnahme schon jetzt deutlich spürbar. Nicht nur kranke Menschen müssen teilweise lange warten, auch die Rettungsmittel sind deutlich länger gebunden, weil sie längere Anfahrtswege haben und vor der Notaufnahme in der Warteschlange stehen. Das wirkt sich schon jetzt auf das Klima zwischen Patientinnen und Patienten und den Beschäftigten aus.“
Knut Kornau, aktiv in ver.di und im Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen in NRW: „Frauengesundheit und Geburtshilfe sind besonders stark vom System der Fallpauschalen und dem Kliniksterben betroffen. Geburten lassen sich nicht planen. Für den Rhein-Sieg-Kreis bedeutet das, dass Fahrtwege von über 40 Minuten entstehen können und von B8-Babys die Rede ist. Es ist deshalb dringend notwendig, diesen Bereich aus dem System der Fallpauschalen auszuklammern.“
Mit Blick auf die Beschäftigten und ihre Mitbestimmung ergänzt die Gewerkschafterin: „Im laufenden Prozess haben wir mehrfach die mangelnde Transparenz und fehlende Mitbestimmung kritisiert. Die Planung fand weitestgehend ohne Beteiligung von Gewerkschaften oder Patientenvertretungen statt. Ohne ausreichende Informationen kann Mitbestimmung in einem so weitreichenden Prozess nicht funktionieren. Dabei sind es doch die Beschäftigten, die als wahre Expertinnen und Experten die grundlegenden Prozesse kennen.“«