Die Radwende widmet sich in ihrer aktuellen Pressemitteilung der Infrastruktur auf der Wittener Straße und schreibt dazu: »Die Wittener Straße ist die zentrale und einzig durchgehende Verbindung aus den Stadtteilen Langendreer, Laer und Altenbochum in die Innenstadt. Diese ist bisher für Radfahrer:innen ein Stückwerk. Während in Langendreer ein recht neuer Radweg existiert, wechseln sich ab der Kreuzung Universitätsstraße nicht mehr zeitgemäße Radwege unterschiedlichster Bauart, Fahrverbote fürs Radfahren und vierspurige Fahrspuren, auf die sich viele Radfahrer:innen nicht trauen, ab.
Bereits 2019 artikulierten die regierenden Rathausfraktionen von SPD und Grüne, hier müsste etwas passieren. Während sich die SPD gegen einen „Schnellschuss“ aussprach, forderten die Grünen einen zügigen Ausbau. Vier Jahre später hat sich fast nichts verbessert. Nach vielen Beschwerden seitens der Radwende wurde nur der fehlende Radweg stadteinwärts zwischen Ferdinandstraße und Ring ergänzt. Für die restlichen rund fünf Kilometer liegen nicht einmal Planungen vor.
Einzig drei fehlerhafte Maßnahmen wurden durchgeführt. Die Südumfahrung Altenbochum, die zwar als Radausweichstrecke vermarktet wird aber wegen der unpraktischen Zickzack Führung kaum genutzt wird. Der 2021 sanierte kombinierte ZweiRichtungsRad-/Fußweg zwischen Alter Wittener Straße und Universitätsstraße offenbarte nach dem Umbau mehrere gefährliche Engstellen. Besonders erschreckt ist Radwende über die Beibehaltung Stelle vor der Kreuzung mit dem Lohring nach der undurchdacht eingerichteten Pop-Up-Radweg auf der Wittener Straße, der schnell wieder abgebaut wurde. Dort war im letzten Jahr ein junger Radfahrer fast überfahren worden. Eine ausführliche Kritik an den Maßnahmen hat Radwende im Anhang zusammengefasst.
Die Stadt Bochum will laut Radwende Nachfrage die gefährliche Stelle bis zum kompletten Umbau der Wittener Straße beibehalten. Für einen Umbau gibt es bisher aber weder einen Verkehrs- noch einen Zeitplan. Aus jüngsten Erfahrungen mit vergleichbaren Umbaumaßnahmen geht Radwende von einem Zeitraum der schrittweisen Umbauarbeiten der 5 km Wittener Straße ohne Radinfrastrukturen von 20 Jahren aus. Allein der Umbau von 600 m Alleestraße dauert 6 Jahre (der Planungsstart war 2020, die Fertigstellung wird frühestens 2026 erwartet).
Viele Jahre die gefährlichen Stellen und keine sichere Radinfrastruktur auf der Straße beizubehalten ist allein zum Schutz vor schweren Unfällen für Radwende komplett inakzeptabel. Wir fordern weniger dogmatisches Festhalten am Konzept des zeitaufwändigen Komplettumbaus. Es braucht mehr Pragmatismus. Dafür sollte keine Zeit mehr verloren gehen.«
Als Altenbochumer, der seit 40 Jahren mit dem Rad in die City fährt, kann ich nur sagen, dass die Wittenerstraße immer eine Katastrophe war und ist. Vor allem die Strecke ab Freigrafendamm bis zum Lohring – da fährt man generell „hintenrum“ oder auf dem Bürgersteig die Wittenerstraße entlang. Denn dieser Abschnitt der Wittenerstraße ist lebensgefährlich.
Dann hat man natürlich Auseinandersetzungen mit den FußgängerInnen, oder mit der noch weniger einsichtigen Polizei. Letztere spielen sich dann mal wieder auf wie in klein Wild West!
Nach einigen vielversprechenden Maßnahmen zu Beginn der Ära Eiskirch schöpften viele Radfahrer neue Hoffnung, daß die Stadt nun endlich die Zeichen der Zeit erkannt hätte. Der vormals recht agressive Unterton der Fahrradlobby-Vertreter wurde zunehmend versöhnlicher und setzte fortan auf freundschaftliche Kooperation. Auch die Stadtvertreter ließen sich immer öfter auf Radverkehrsveranstaltungen blicken und weckten Erwartungen.
Die Duldsamkeit hat sich nicht besonders ausgezahlt. Beim Verwerfen fahrradfreundlicher Lösungen verweist die Stadt auf die unterschiedlichen zu berücksichtigenden Interessengruppen.
Der Haken daran: man wird nicht als ausschließlicher Autofahrer oder Radfahrer geboren. Die Wahl des Verkehrsmittels wird durch die Infrastruktur bestimmt. Die Stadt beeinflusst durch das Nichtschaffen guter Rad-infrastruktur und Beibehalten der KFZ-Infrastruktur genau das Interessengruppen-Zahlenverhältnis, auf das sie sich bei ihren Entscheidungen beruft.