Sonntag 07.11.21, 16:17 Uhr
Redebeitrag auf der Demonstration am 6. November 2021 anlässlich des 10. Jahrestags der Selbstentarnung des NSU

Auch wir haben versagt! Auch wir haben weggeschaut


Zwischen 2000 und 2007 wurden in Deutschland mindestens 10 Menschen ermordet, der NSU verübte zudem mind. 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Es gab zunächst keine Bekennerschreiben, scheinbar wahllos wurden Menschen immer wieder mit derselben Tatwaffe quer durch Deutschland ermordet. Die Botschaft war die Tat selbst. In der migrantischen Comunity kam die Botschaft an! Liebe Menschen, die ihr täglich von Rassismus betroffen seid, schon früh hattet ihr rassistische Motive vermutet – doch niemand hörte Euch zu!

Es ist leicht, mit dem Finger auf Polizei, Verfassungsschutz, Medien und zuletzt Justiz zu zeigen, doch was war mit uns allen? Die weiße Mehrheitsgesellschaft hörte und und schaute ebenso weg! Es betraf sie nicht! Als dann nach der Ermordung von Halit Yozgat am 6. April 2006 die Hinterbliebenen von Halit Yozgat, Enver Şimşek und Mehmet Kubaşık in Kassel einen Schweigemarsch mit der Forderung „Kein 10. Opfer!“ organisierten, rieben sich auch nicht von Rassismus bedrohte Antifaschist*innen verwundert die Augen. Auch wir haben versagt! Auch wir haben weggeschaut und bedrohte und marginalisierte Menschen alleine gelassen! Leider viel zu oft. Das ist schmerzlich! Das ist beschämend! Auch wir müssen lernen, künftig besser hinzusehen und sensibler zu reagieren, wenn marginalisierte Menschen Opfer von Gewalttaten werden. Doch wir können uns bessern! Lasst uns solidarisch sein! Lasst uns kämpferisch sein! Wir wollen niemanden mehr alleine lassen! Kein Schluss-Strich! Niemals Vergessen!