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1. Mai 2002: |
24.04.02, 07.00 Uhr |
In diesem Jahr findet die zentrale Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am 1. Mai in NRW auf dem Dr. Ruer-Platz in Bochum statt. Hauptredner ist NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement, der sich als Magnet für Proteste erwiesen hat. Zahlreiche Gruppen und Initiativen mobilisieren mittlerweile auch überregional nach Bochum. Ihr Motto: „Tatort NRW – 1. Mai 2002: Wir pfeifen auf Wolfgang Clement und die durch ihn vertretene rot-grüne Regierungspolitik“
Eigentlich sollte Wolfgang Clements Auftritt ein Geschenk für den Bochumer DGB sein. Denn mit der Fusionswelle der Gewerkschaften verliert der DGB als Dachverband rapide an Bedeutung. Der DGB versucht eine Minimal-Struktur aufrecht zu erhalten. Die für Bochum zuständige DGB-Region Ruhr-Mark umfasst seit letzten Herbst die Bereiche Bochum, Herne, Hagen, den Märkischen- und den Ennepe-Ruhr-Kreis. Vor fünf Jahren waren das alles noch eigenständige DGB-Kreisverbände mit funktionierenden Geschäftsstellen.
Der Hagener DGB-Funktionär Wolfgang Lange wurde nun Vorsitzender des neuen DGB-Bezirks. Bochum ist die bedeutendste Einheit in dem neuen Konstrukt. Eigentlich sollte Lange den Bezirk von Bochum aus leiten. Doch er bleibt lieber in seinem Hagener Büro. Zur Beschwichtigung wurde dem Bochumer DGB die zentrale DGB-Kundgebung 2002 zugeteilt.
Diese Ankündigung rief etliche Bochumer Gruppierungen auf den Plan. Sie verabredeten sich Mitte März, um gemeinsam ihren Protest gegen Clement und die durch ihn vertretene Politik zu artikulieren.
Auf einem Koordinationsgespräch dieser Gruppen und Initiativen am 11. April erschien überraschend der DGB-Bezirksvorsitzende Wolfgang Lange. Er war durch einen Aufruf auf der Attac-mailing-Liste alarmiert worden, dass es auf der Kundgebung zu Störungen kommen soll. Eckhard Stratmann-Mertens, aktives Mitglied bei Attac, hatte die Überlegungen zu Protesten gegen Clement begrüßt und vorgeschlagen, auch überregional hierfür zu mobilisieren. Eckhard Stratmann-Mertens ist gleichzeitig Sprecher der Bürgerinitiative gegen den Bau der DüBoDo. Clement ist hier der Gegner par excellence.
Da der Verdi-Landesbezirk in Bochum sein Büro hat und Verdi Mitglied bei Attac ist, landete der Aufruf zum Protest sofort beim DGB-Landesbezirk in Düsseldorf. Von hier wurde Lange zu den ProtestlerInnen geschickt. Lange dachte irrtümlich, Attac würde den ganzen Protest gegen Clement organisieren und erfuhr nun, dass Attac in Bochum bisher kaum eine Rolle spielt und andere Gruppen den Protest tragen.
Neben der DüBoDo-Initiative protestiert das Bochumer Bündnis Umweltfreundlicher Stadtverkehr gegen die Metrorapid-Pläne von Clement, die Studierenden protestieren gegen den rot-grünen Wahlbetrug bei den Studiengebühren, die Eine-Welt-Gruppen gegen die Pläne der West LB eine umweltzerstörende Pipeline in Ecuador zu finanzieren. Attac, VVN, PDS, DKP haben ebenfalls angekündigt, dass sie den Bundestagswahlkampfauftakt von Clement nicht unkommentiert hinnehmen wollen. Auch die DGB-Gewerkschaft GEW will am 1. Mai deutlich machen, wie wenig sie mit der Politik der Landesregierung einverstanden ist. Etliche andere gewerkschaftliche Gruppen werden vor allem den systematischen Sozialabbau der rot-grünen Landes- und Bundesregierung zum Thema machen.
Der DGB versucht nun, diesen Protest an den Rand zu drängen. In einem gemeinsamen Gespräch hatten sich am 10. April der Bochumer DGB-Sekretär Peter Brodrück und alle interessierten Gruppen und Initiativen darauf verständigt, wie die verschiedenen Informationsstände und Bierbuden am 1. Mai auf dem Dr.-Ruer-Platz plaziert werden sollen. Nach den angekündigten Protesten sind fast alle Organisationen und Initiativen, die Protest angekündigt haben, entgegen der Absprache an besonders weit von der Bühne entfernte Plätze verfrachtet worden. Nur die Bochumer Attac-Gruppe, die ursprünglich verdächtig wurde, den ganzen Widerstand gegen die Regierungspolitik zu organisieren, durfte aufrücken. Nachdem klar war, dass sie sich weiterhin um eine gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften bemüht, konnte sie die ihr zugewiesene linke Ecke verlassen und erhielt einen Platz auf dem Dr. Ruer-Platz zugewiesen.
Auf dem Treffen am 11. April hatte Lange noch für den DGB erklärt, dass es natürlich völlig selbstverständlich sei, im Rahmen einer DGB-Veranstaltung Protest gegen die Regierungspolitik anzumelden. Die Reaktion des DGB hat klargestellt: Dies ist nur am Rande erwünscht. Die DGB-FunktionärInnen sind wahrscheinlich tatsächlich mittlerweile so weltfremd, dass sie gar nicht ahnen, wie sie mit ihren Ausgrenzungsmethoden den Protest eher motivieren, als ihn zurückzudrängen.
Eins eint SPD-WahlkampfplanerInnen; DGB und die protestierenden Initiativen: Alle sind sicher, dass die landesweite DGB-Veranstaltung am 1. Mai in Bochum auch überregional von den Medien wahrgenommen wird.
Paul Merker
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