"Genua und die weiteren Perspektiven des Widerstands gegen die kapitalistische Globalisierung"

stand im Mittelpunkt des Treffens der "Ruhrkoordination - Forum kritischer GewerkschafterInnen" am Dienstag, 28.8., im Bahnhof Langendreer.

Die erstaunliche Zahl von 50 Personen (gemessen an den sonstigen TeilnehmerInnen-Zahlen der RuKo) war gekommen, um den Augenzeugenbericht und die Analyse von Gerhard Klas zu hören sowie einen eindrucksvollen bis schockierenden Videofilm zu sehen.

(Das Video ist zu beziehen über: AK KRAAK, Kastanienallee 77, 10435 Berlin, 030-44047458, 20,- DM)

Wesentliche Ergebnisse hier in aller Kürze:

* die Staatsmacht war - ähnlich wie in Göteborg - auf die Inszenierung des gewaltsamen Konfliktes aus und hat unter direkter Anleitung faschistoider Kräfte die bisher schärfste Repression bei internationalen Protest-Demos lanciert; die Verselbständigung des Polizeiapparates, der von Rom aus befehligt war, ist bewußt in Kauf genommen worden; entlassen worden sind aber hinterher Polizei-Führungskader aus dem linksliberalen Spektrum vor Ort, die von der Rechten auf diese Weise gleich mit erledigt wurden.

* "Globalisierung" ist ein sehr verharmlosender Begriff für die aktuelle internationale Politik solcher Gipfeltreffen, weil dahinter doch in erster Linie der weltweite Zugriff der multinationalen Konzerne auf die Rohstoffe, auf die Absatzmärkte und nicht zuletzt auf die Arbeitsmärkte in allen Teilen der Welt sich verbirgt. Globalisierung heißt aber auch, dass die Regierungen weltweit eine Politik umzusetzen versuchen, die die Verwertungsbedingungen des Kapitals optimiert. Die Ideologie dafür heißt Neoliberalismus, die Umsetzung heißt Privatisierung, heißt, alle Bereiche des kulturellen und sozialen Lebens der staatlichen Verantwortung zu entziehen und zu Zentren des Profits zu machen. Die Ergebnisse sind rapider Zuwachs der Verarmung und der Verschlechterung der sozialen Versorgung auf der einen Seite und Anhäufung immensen Reichtums auf der anderen.

* Die Anti-Gobalisierungsbewegung ist zur Zeit zwar noch keine politische Gegenmacht, hat aber tendenziell das Potential dazu: aufgrund der internationalen Perspektive, aufgrund des wachsenden Bewußtseins einer notwendigen antikapitalistischen Praxis, aufgrund der Zusammenarbeit von sozialen Bewegungen aus Stadt und Land sowie mit fortschrittlichen GewerkschafterInnen - das aber vor allem in Ländern des Südens bzw. Südeuropa.

* Am Dunkelsten sieht es diesbezüglich noch in Deutschland aus. Der DGB ist völlig sprachlos zu Genua (im Gegensatz zu Gewerkschaftsdachverbänden anderer Länder) - dergestalt, dass die französische CGT bereits den Austausch des Brüsseler Headquaters des EGB gefordert haben soll. Anders als die Kollegen etwa der französischen und italienischen Gewerkschaften sind der Vorstand des DGB und der meisten Einzelgewerkschaften im wesentlichen staatstragend und es würde ihnen nicht einfallen, die imperialistische Politik des Staates zu kritisieren

* Derweil bilden sich hierzulande schnell zahlreiche Ortsgruppen von ATTAC. Sie scheinen derzeit noch nicht einfach ideologisch auf einen rein reformistischen Nenner (etwa des bloßen "Anti-Neoliberalismus") zu bringen zu sein. Und etwa die These von der "EU als Alternative zum US-Imperialismus" wird auch nur von wenigen NGO´s vertreten - neben den Grünen und Teilen der PDS (was die fortschrittlichen Menschen hier auch nicht mehr groß erschrecken kann).

* Wenn die Bewegung weiter anwachsen soll, muß sie von der Rolle der bloß Reagierenden wegkommen. Sie muß ihre eigene internationale Strategie einer solidarischen Politik von unten weiterentwickeln: etwa an den Punkten einer Bildungs- und Sozialpolitik von links, die sich bewußt in Gegensatz z.B. zur katastrophalen WTO-Strategie setzt, welche die weltweite Privatisierung des Bildungs- und Gesundheitssektors zum Programm erhoben hat. Die aktuellen Streiks und Kämpfe z.B. in Argentinien und Südafrika gegen die Privatisierungsangriffe können hier genau so Orientierungspunkte sein wie der kommende ECOFIN-Gipfel in Lüttich, bei dem die EU-Sozialfragen ausschließlich von den Wirtschafts- und Finanzministern im Sinne von mehr Privatisierung entschieden werden sollen.

Am Ende der Diskussion im Bahnhof erklärten sich mehrere TeilnehmerInnen bereit, Veranstaltungsreihen, Initiativen und insbesondere Aktivitäten zum kommenden EU-Gipfel mit vorzubereiten.

Wir werden die entsprechenden Termine rechtzeitig bekannt geben.

Eine spontane Geldsammlung zugunsten der noch in Genau Inhaftierten – insbesondere zugunsten der Verteidigung des Aktivisten aus Bochum - erbrachte mehrere hundert Mark.